Klimagipfel Den Haag gescheitert
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November 2000/Januar 2001/März 2001/Oktober 2004:

Klimagipfel in Den Haag wegen USA gescheitert


Der Klimagipfel in Den Haag ist gescheitert. Ohne Einigung gingen die zwölftägigen Verhandlungen am 25. November 2000 zu Ende. Die Umweltminister der 180 Teilnehmerstaaten wollten in Den Haag die Umsetzung des Klimaschutzprotokolls von Kyoto aus dem Jahr 1997 klären und den Weg für seine Ratifizierung ebnen. Das Kyoto-Protokoll schreibt unter anderem 38 Ländern eine Verringerung der sechs wichtigsten Treibhausgase um durchschnittlich 5,2 Prozent bis zum Jahr 2010 im Vergleich zum Jahr 1990 vor. Allerdings haben bisher erst 30 Staaten das Protokoll ratifiziert.

Der Auftakt der Klimaverhandlungen in Den Haag am 13.11. begann noch mit Worten, die kaum klarer hätten sein können. Der Dritte Sachstandsbericht des IPCC, des weltweit angesehensten Wissenschaftlergremiums für Klimafragen, spricht von dramatischen Entwicklungen. Hatte das IPCC im Zweiten Sachstandsbericht 1995 noch von einer weltweiten Erwärmung bis 2100 von 1,0 bis 3,5 Grad gesprochen, revidiert der Dritte Bericht diesen Wert auf 1,5 bis 6,0 Grad. Die Erwärmung fällt über der Landmasse etwa 10 bis 40 Prozent stärker aus als auf den Ozeanen. Das bedeutet, daß es in 100 Jahren in gewissen Regionen um bis zu 10 Grad wärmer werden kann ! Der Übergang von der Eiszeit in die heutige Warmzeit betrug lediglich 4-5 Grad Temperaturdifferenz.

Die EU-Länder machten die unnachgiebige Haltung der USA für das Scheitern verantwortlich. Hintergrund ist das Problem, daß sich die USA nicht auf nationale Energiesparprogramme festlegen wollen. Stattdessen versuchen sie seit Jahren, durch unrealistische Vorschläge die Kyoto-Vereinbarung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu umgehen.

Einer der für die Delegation der USA nicht verhandelbaren Vorschläge bestand darin, daß sich die USA bestehende nationale Waldgebiete und Landwirtschaftsflächen als CO2-Speicher bei der Festlegung von Zielvorgaben für die Verringerung von Treibhausgasen anrechnen lassen wollten. Damit hätten sie einen Großteil ihres Ausstoßes verrechnen können und so konkrete Maßnahmen zur Schadstoffbekämpfung umgangen. Die EU hielt dagegen, daß es wissenschaftlich umstritten sei, inwieweit Wälder und Landwirtschaft tatsächlich CO2 absorbieren.

Dies ist wissenschaftlich nicht umstritten, der Sachverhalt ist ökologisch klar: Die Aufnahme und Abgabe von CO2 steht in natürlichen wie in künstlichen Ökosystemen (Landwirtschaft) im Gleichgewicht.  Das heißt, Pflanzen absorbieren nur genau so viel CO2 wie sie später bei ihrem Abbau (Veratmung als Nahrung, Verbrennung, Verrottung in natürlichen Ökosystemen) wieder abgeben. (Lediglich Pflanzenmaterial, das in seltenen Sonderfällen z.B. als fossile Brennstoffe aus dem natürlichen Kreislauf ausscheidet, absorbiert langfristig CO2. Dies spielt jedoch in den heutigen Wäldern wie in der Landwirtschaft keinerlei Rolle. Eine andere Situation besteht bei der Aufforstung. Dabei kann eine gewisse Menge CO2 gebunden werden, die dem höheren Bestand an Kohlenstoff in Form von Biomasse (Holz) im Wald im Vergleich zum Vorgängerökosystem entspricht. Das in neu aufgeforstetem Wald gebundene CO2 ist jedoch begrenzt und kann langfristig durch Zerstörung des Waldes z.B. infolge des zunehmenden Treibhauseffektes auch wieder freigesetzt werden. Die Verrechnung von CO2-Emissionen mit der Aufforstung von Wäldern wäre beschränkt sinnvoll, nicht jedoch wie es die USA unrealistischerweise wünscht mit bestehenden Wäldern.)

Der zweite Vorschlag der USA ging dahin, daß sich reiche Industrieländer von der Verpflichtung zur besseren Energienutzung und zur Senkung der Treibhausgase freikaufen können, indem sie ihre Emissionen mit Emissionsrückgängen in Schwellenländern verrechnet dürfen. (z.B. Emissionsrückgang durch Zusammenbruch der Industrie in Rußland). Dieser Vorschlag ist allein deshalb unrealistisch, weil er nicht kontrollierbar ist. Jedes beliebige Land könnte sich z.B. durch Fälschung seiner Statistiken Einnahmen im Emissionshandel verschaffen und gegen eine Zahlung den USA so höhere Emissionen als heute ermöglichen.

Es ist positiv zu bewerten, daß die EU Geschlossenheit zeigte und den USA nicht nachgab. Eine Annahme der USA-Vorschläge hätte statt einer Verringerung langfristig eine Erhöhung der Emissionen zur Folge gehabt.

Es ist offensichtlich, daß die USA als Land mit dem höchsten Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen (25% Anteil) und der höchsten Pro-Kopf-Emission an Treibhausgasen (wie auch der höchsten Pro-Kopf-Verschwendung von Energie) bisher keine Bereitschaft zur Lösung des Weltklimaproblems zeigen und die konstruktive internationale Zusammenarbeit verweigern. Die US-Wissenschaflergruppe Union of Concerned Scientists nannte das Scheitern des Klimagipfels eine Tragödie.

In dieser Situation halten wir es für sinnvoll,

  1. die internationalen Vereinbarungen zum Klimaschutz in Zukunft notfalls ohne die USA voranzutreiben und
  2. deutlicher als bisher die Verantwortlichkeiten der einzelnen Nationen für die kommende Klimakatastrophe klar zu benennen und langfristig, z.B. für zukünftige internationale Gerichtsverfahren und Tribunale und Reparationszahlungen zu dokumentieren.


Nachtrag 25.1.2001:
Als eine ihrer ersten Amtshandlungen beantragte die neue Bush-Regierung der USA am 24.1.2001 eine Verschiebung des Nachfolgetreffens zur gescheiterten Klimakonferenz in Den Haag und gab ein Naturschutzgebiet in Alaska für Öl- und Gasbohrungen frei. Parallel dazu erklärten die Republikaner im Kongress, in dem sie mit Mehrheit regieren, ihre Ablehnung gegen jede internationale Reglementierung in Umweltfragen.

Nachdem bereits alle Versuche scheiterten, noch vor Ende der Amtszeit von US-Präsident Bill Clinton eine Einigung über die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls zu erzielen, wird eine Einigung mit der jetzigen US-Regierung auf absehbare Zeit nicht möglich sein. Möglich bleibt nur noch eine Einigung der Mehrheit der Staaten notfalls gegen die USA.

Nachtrag 15.3.2001: US-Präsident G.W.Bush nahm sein Wahlversprechen zurück, Kohlendioxid in Zukunft als Luftschadstoff zu bewerten und dessen Ausstoß zu beschränken. Zum einen zweifelt er die Beweise an, daß es einen Zusammenhang zwischen dem CO2-Ausstoß und dem Klimawandel gebe. Zum anderen befürchtet Bush eine Verteuerung der Energiepreise. Damit ist das Scheitern des für Mitte Juli in Bonn angesetzten Welt-Klima-Gipfels vorprogrammiert. Es bleibt vorerst nur die Möglichkeit einer Einigung ohne die USA.

Nachtrag 22.10.04: Im Unterhaus des russischen Parlaments stimmten heute 334 Abgeordnete für das Kyoto-Protokoll. 73 Abgeordnete der oppositionellen Kommunisten sowie anderer Parteien stimmten dagegen. Damit ist der Weg für die Umsetzung des Kyoto-Abkommens frei.

 

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