Tarifsystem der Bahn
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Die Flexibilität der Deutschen Bahn  

Nach heftiger Kritik von Bahnkunden, Verkehrsverbänden und Verbraucherorganisationen änderte die Deutsche Bahn (DB) am 21.5.2003 ihr umstrittenes Preissystem und senkte ab sofort die hohen Stornogebühren für Fahrscheine. Außerdem beschloss der DB-Aufsichtsrat, dass die beiden für das Preissystem verantwortlichen Vorstände Christoph Franz und Hans-G. Koch gehen müssen. Der Vertrag mit Bahnchef Hartmut Mehdorn wird dagegen bis 2008 verlängert.  

Vorstandschef Mehdorn kündigte eine "kundenfreundliche Überprüfung" des Tarifsystems an. „Wir wollen eine starke Vereinfachung durchführen", kündigte Bahnchef Mehdorn jetzt die Änderungen des umstrittenen Preissystems an. Das hatte Mehdorn aber schon im Dezember 2002 als Begründung für das neue Preissystem angekündigt. Als erste Maßnahme will die Bahn beim Umtausch gebuchter Fahrscheine statt bis zu 45 ab sofort nur noch 15 Euro Gebühr kassieren. Die Wiedereinführung der BahnCard mit 50 Prozent Rabatt lehnte Mehdorn im Frühjahr 2003 noch ab.  

Der Konzern hat bis Ende April 2003 einen Verlust von 185 Millionen Euro eingefahren. Davon entfallen 133 Millionen auf den Fernverkehr. Ein Teil der Fahrgäste kehrte der Bahn den Rücken. 

Nicht von ungefähr erinnerte das neue Preissystem an die Lufthansa: Alle verantwortlichen Spitzenmanager standen früher in Diensten der Fluglinie. So startete Personenverkehr-Vorstand Christoph Franz (43) seinen Berufsweg in der Konzernentwicklung der Lufthansa. Jetzt wird er ebenso ebenso entlassen wie Hans-Georg Koch (52), der früher bei der Fluglinie für das Kundenbindungsprogramm Miles & More zuständig war. Auch der Nachfolger von Franz hat den größten Teil seines Berufslebens bei der deutschen Airline verbracht: Karl-Friedrich Rausch war 15 Jahre bei der Lufthansa, bevor er 2001 zur Bahn wechselte. 

Die Bahn wollte es machen wie die Lufthansa: Sie wollte die Nachfrage nach Tickets im Fernverkehr über den Preis steuern. Wer sich frühzeitig auf einen Zug festlegt und zu Zeiten fährt, in denen die Wagen nicht überfüllt sind, sollte deutlich günstiger fahren als zuvor.  

Der Hauptfehler des neuen Preissystems ist der, dass die Bahn glaubte, ihr Hauptkonkurrent sei der Flugverkehr. Das ist falsch. Der Hauptkonkurrent der Bahn ist das Auto. Einer der Hauptvorteile des Autos ist seine Flexibilität, es fährt zu jedem Zeitpunkt. Dem ist die Bahn prinzipiell unterlegen. Erst mit der Einführung der Stundentakte bei IC und ICE-Zügen und im Nahverkehr konnte die Bahn diesen Systemnachteil deutlich verringern. Im bisherigen Preissystem konnte man mit einer Bahnfahrkarte zwar nicht zu jeder Zeit, aber doch bei den wichtigsten Relationen stündlich fahren.  

Im neuen Preissystem wurde diese Flexibilität immer dann massiv eingeschränkt, wenn der Kunde eines der rabattierten Plan&Spar-Tickets gekauft hat. Bei diesen muss er sich Tage oder Wochen vorher genau festlegen, mit welchem Zug er fahren will. Entscheidet er sich anders, bekommt er massiven Ärger: er muss hohe Stornogebühren und zusätzlich den Aufpreis zur Normalfahrkarte bezahlen. Mit diesem Preissystem kommt der Flexibilitätsnachteil der Bahn im Vergleich zum jederzeit verfügbaren Auto erst richtig zur Geltung. Entsprechend orientieren sich die Kunden um. Nach Einführung des neuen Preissystems Mitte Dezember 2002 musste die Bahn vor allem im Fernverkehr schmerzhafte Einbußen hinnehmen. Die Verkehrsleistung ging um 7,1 Prozent zurück, der Außenumsatz um 13,5 Prozent.  

Der Schlüssel zur Lösung des Problems war die alte BahnCard. Mit der Abschaffung der alten BahnCard verscherzte es sich die Deutsche Bahn gerade mit ihren treuesten Kunden, ohne ihnen etwas Vergleichbares anzubieten. Die neue BahnCard bietet nur 25% Rabatt. Dieser ist zwar anrechenbar auf die Plan&Spar-Tickets, wer aber nicht völlig unflexibel reisen will hat davon nichts.  

Die Lösung kann nur darin bestehen, dass die Bahn zumindest die alte BahnCard parallel zum neuen Preissystem weiter im Angebot hält. Dann erreicht sie eine breite Kundenbindung: mit der alten BahnCard bei Kunden, denen Flexibilität wichtig ist. Und mit den neuen Plan&Spar-Tickets und der neuen BahnCard bei Kunden, die sich mehrere Tage vorher genau auf einen Zug festlegen können.

Nachtrag 3.7.03: Die Deutsche Bahn ist doch flexibel. Sie reagierte relativ schnell auf die Kundenkritik und den Rückgang der Fahrgastzahlen, indem sie das im Dezember 2002 eingeführte Preissystem weitgehend kippte und u.a. die alte BahnCard50 wieder einführte. Insgesamt entspricht das Preissystem jetzt den Forderungen der Verbraucherschützer und des VCD. Es bietet Inhabern der BahnCard50 auch bei Spontanreisen mit der Bahn einen guten Rabatt von 50%. Der Mitfahrerrabatt von 50% (bis zu 4 Mitfahrer) bleibt erhalten. 

Auch bei den Speisewagen zeichnet sich eine Wende ab: Die noch bestehenden Speisewagen sollen beibehalten, die neuen ICE-3 wieder mit Speisewagen ausgerüstet werden.

Und am 10.9.2003 gab die Bahn bekannt, dass die BahnCards ab 14. 12.2003 sogar als CityTicket gelten werden, das in über 40 Städten die kostenlose Weiterfahrt mit Nahverkehrsmitteln erlaubt.

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