RNZ 30.3.2000
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Rhein-Neckar-Zeitung, 30.3.2000

Verkehrszunahme durch neues Verkehrskonzept

Die neue Mehrheit im Gemeinderat aus CDU, "Heidelbergern" und FWV hat deutliche Änderungen in der Verkehrsplanung vor. Die Ausbaupläne für die Straßenbahn wurden gestoppt, der Radwegebau weitgehend eingestellt. Stattdessen soll ein Ost-West-Tunnel und eine fünfte Neckarquerung mit einem Ausbau des Klausenpfads gebaut werden. Dieter Teufel, Leiter des UPI-Umwelt-und Prognose-Instituts e.V. in Heidelberg schreibt dazu:

In letzter Zeit wurden die alten Ideen wieder aktiviert, durch einen Ost-West-Tunnel und eine fünfte Neckarquerung Heidelberger Verkehrsprobleme zu lösen. CDU, "Heidelberger" und FWV erhoffen sich dadurch eine Entlastung des Verkehrsgeschehens. Diese Hoffnungen lassen jedoch die verkehrlichen Auswirkungen der geplanten Projekte außer Acht.

Über die Auswirkungen von Neckarufertunnel, Schloßbergtunnel und fünfter Neckarquerung wurden durch Prof. Dr. Wermuth (IVV Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH und Institut für Stadtbauwesen der Technischen Universität Braunschweig) im Auftrag der Stadt Heidelberg umfangreiche Berechnungen durchgeführt. Das Verkehrsgeschehen Heidelbergs wurde dazu in verschiedene Testfälle gegliedert. Interessant ist in diesem Zusammenhang Testfall 1, der in 3 Varianten unterteilt ist: T 1.1 mit Neckarufertunnel; T 1.2 ebenfalls mit Neckarufertunnel und zusätzlich neuer Neckarquerung mit Ausbau des Klausenpfads; T 1.3 wie T 1.2, nur mit Schloßbergtunnel statt Neckarufertunnel.

Die Berechnungen zeigen die Auswirkungen dieser Verkehrsprojekte. Tunnel bringen in dem Bereich der Untertunnelung eine direkte Entlastung. In der Regel nimmt der Autoverkehr insgesamt durch den Tunnelbau jedoch weiter zu, sowohl in der Hauptachse wie auf Ausweichrouten. Im Falle des Neckarufer-Tunnels würde der Kfz-Verkehr z.B. in der Neuenheimer Landstraße um 22 % ansteigen.

Die geplante 5. Neckarquerung würde zu einer deutlichen Verkehrsabnahme im Bereich Ernst Walzbrücke/Berliner Straße von heute 67 315 auf 53 208 Kfz/Tag führen (-21%). Deutlich geringer fiele die Verkehrsabnahme auf der B3 in Handschuhsheim aus. Hier könnte nur mit einer bescheidenen Entspannung um 5% von 27 323 auf 25 940 Kfz/Tag gerechnet werden. Pro Jahr nimmt der Autoverkehr auf der B3 in Handschuhsheim jedoch um 2,7% zu. Eine 5. Neckarquerung könnte also noch nicht einmal den Verkehrszuwachs von 2 Jahren umlenken ! Oder mit anderen Worten: Mit der Strategie 5. Neckarquerung wäre der Verkehr in Handschuhsheim nach einer Planungs- und Bauzeit von mindestens 6 Jahren schlimmer als heute. Zum Vergleich: Bereits durch eine Parkraumbewirtschaftung im Neuenheimer Feld und ein Jobticket für die dort Beschäftigten könnte der Verkehr auf der B3 in Handschuhsheim ohne hohe Investitionen sofort um 16% abnehmen, mehr als dreimal so stark wie durch eine Investition von 150 Millionen DM in eine fünfte Neckarquerung.

Das Hauptproblem sind jedoch die Auswirkungen auf andere Straßen: Durch eine 5. Neckarquerung würde der Kfz-Verkehr in großen Teilen Neuenheims zunehmen (z.B. Mönchhofstraße, Wielandtstraße und Jahnstraße), Universitätscampus und im Westteil Handschuhsheims (z.B. Andreas-Hofer-Weg, Zeppelinstr., Angelweg). Der Kfz-Verkehr in der westlichen Mönchhofstraße würde z.B. um 2 000 Fahrzeuge pro Tag (+15%), der Verkehr in der Uferstraße (Neckarufertunnel plus 5. Neckarquerung) um 1 400 Fahrzeuge pro Tag (+9%) anwachsen. Ob die Menschen, die dort wohnen, mit dieser Politik einverstanden wären ?

Im Handschuhsheimer Feld würde durch eine 5. Neckarquerung mit Ausbau des Klausenpfads der heute schon belastende Schleichverkehr deutlich ansteigen.

Allgemein überschätzt wird der Anteil des Durchgangsverkehrs in Heidelberg. Von allen Autofahrten sind nur 12 % Durchgangsverkehr. Dies ist die Hauptursache dafür, daß Investitionen in Umgehungsstraßen insgesamt nur geringe Effekte bringen. Die einzige Chance, die Situation auf unseren Straßen zu entspannen, ist der Ausbau von Alternativen in Form leistungsfähiger neuer Angebote im Öffentlichen Verkehr (neue Straßenbahnstrecken) und sicherer und schneller Radverkehrsverbindungen in Kombination mit den vielen anderen Maßnahmen, die im Verkehrsentwicklungsplan beschlossen wurden. Durch die Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans würde der Kfz-Verkehr in ganz Heidelberg um 22%, auf der B 3 in Handschuhsheim um 32%, auf der Berliner Straße um 40% und in der Mönchhofstraße um 50% zurückgehen. Das würde nicht nur die Staus in Heidelberg beenden, sondern z.B. für Handschuhsheim eine mehr als 6-mal so starke Entlastung bringen wie eine neue Neckarquerung.

Die zur Verfügung stehenden öffentlichen Gelder sind in Zukunft begrenzter denn je. Nur wenn wir sie effektiv einsetzen, haben wir eine Chance, die Probleme zu lösen.

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