I m "Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität"
stellte die Bundesregierung 2009 das Ziel von 1 Million Elektroautos in
Deutschland bis 2020 auf. Nach zehn Jahren am 1. Januar 2019 ist diese
Zahl erst zu 8 % erreicht.
Angesichts dieses geringen Anteils an
Elektrofahrzeugen wurden häufig Forderungen aufgestellt, Elektro- und auch
Hybridautos durch Kaufprämien oder Nutzervorteile zu fördern.
In einem breit angelegten Forschungsprojekt über die
Umweltauswirkungen und Nebeneffekte von Elektroautos am UPI wurde
im Rahmen einer Technologiefolgenabschätzung untersucht, ob dies heute aus Umwelt- und Klimaschutzgründen sinnvoll ist.
Auf dieser Seite werden die wichtigsten Ergebnisse
dargestellt.
CO2-Emissionen durch Elektroautos
Die durch Elektroautos verursachten CO2-Emissionen
liegen, anders als häufig angenommen, ungefähr auf gleicher Höhe wie bei
Benzin- und Diesel-PKW. Elektroautos haben zwar am Fahrzeug selbst keine
Emissionen, durch den Verbrauch von Strom verursachen sie jedoch bei der
Stromerzeugung Emissionen, die ihnen zugeschrieben werden müssen. Außerdem
verursachen sie bei der Herstellung einen höheren Ressourcenverbrauch als
herkömmliche PKW.
Der Anteil von regenerativen
Stromerzeugungsanlagen ist in der Vergangenheit zwar gewachsen, er hat aber
im Wesentlichen nur den Rückgang der Kernenergie kompensiert. Der Einsatz
fossiler Primärenergieträger in der Stromerzeugung, der CO2-Emissionen
verursacht, ist in den letzten Jahrzehnten ungefähr gleich geblieben. Dies
wird auch in den nächsten Jahren ähnlich bleiben.
Mit Elektroautos können deshalb heute und in den nächsten
Jahren keine CO2-Emissionen reduziert
werden. Es ist sogar das Gegenteil der Fall: Elektroautos erhöhen die CO2-Emissionen.
Sie führen zu einer Verkehrsverlagerung vom Öffentlichen Verkehr zum Auto, zu einer Zunahme der Autozahl und im Kontext der CO2-Gesetzgebung
(Flottenemissionsgrenzwerte der EU) zu einer Kompensation der CO2-Grenzwertüberschreitungen
von großen PKW.
Kompensation von CO2-Grenzwertüberschreitungen
großer PKW durch Elektroautos
Die EU-Flottenemissionsgrenzwerte für die spezifische
Emission pro Fahrzeugkilometer müssen von den Automobilherstellern im Durchschnitt
der in einem Jahr verkauften Fahrzeuge eingehalten werden. Bei
Überschreitung der Flottenemissionsgrenzwerte fallen Strafzahlungen an. Das
Problem ist, dass Elektroautos nicht mit ihrer realen Emission in die
Berechnung der Flottenemission eingehen, sondern mit einer juristisch
definierten „Null"-Emission. Dadurch kann die Automobilindustrie mit der
Emissionsgutschrift eines Elektroautos die Grenzwertüberschreitungen von
mehreren SUV oder anderen großen PKW kompensieren.
Elektroautos werden deshalb von der
Automobilindustrie gebraucht, um die Grenzwertüberschreitungen bei dem am
stärksten wachsenden Segment (SUV, auch Geländewagen) auszugleichen und hohe
Strafzahlungen vermeiden zu können.
Die nachfolgende Grafik zeigt das Prinzip der
Kompensation von Grenzwertüberschreitungen bei großen PKW durch
Elektroautos:
Der obere rote Balken gibt die reale CO2-Emission
eines durchschnittlichen Elektroautos an. Der Wert darunter zeigt die CO2-Emission
dieses Elektroautos nach gesetzlicher Festlegung (Nullemission). Aufgrund
dieser definierten Nullemission resultiert eine CO2-Gutschrift
für den Hersteller (grün), die dieser im Jahr 2015 zusätzlich mit dem Faktor
1,5 rechnerisch erhöhen kann (sog. „Super-Credit"). Darunter ist der im Jahr
2015 gültige CO2-Grenzwert von 130 g CO2pro
km eingezeichnet (grau). Der nächste rote Balken zeigt die bei der
Typenzulassung im Testzyklus NEFZ vom Hersteller ermittelte CO2-Eimssion
des SUV X3 (rot). Obwohl für dieses Fahrzeug aufgrund seiner Masse ein
höherer Grenzwert gilt (grau), wird dieser überschritten (rot).
Diese Grenzwertüberschreitung kann der
Hersteller nun mit der CO2-Gutschrift des
Elektroautos kompensieren. Wie ersichtlich, reicht die Gutschrift eines
Elektroautos dabei für die Kompensation mehrerer Grenzwertüberschreitungen
aus. Maßgeblich sind die durchschnittlichen CO2-Emissionen
der Flotte aller neuen Pkw, die ein Hersteller produziert Die Hersteller
können dabei „Emissionsgemeinschaften" bilden und müssen so nur im
Durchschnitt ihrer Emissionsgemeinschaft den Flottengrenzwert einhalten.
Da Elektroautos
nicht mit ihrer realen CO2-Emission, sondern fälschlicherweise mit einer
angeblichen „Null-Emission" in die Berechnung des Flottenverbrauchs
eingehen, kann in Zukunft die Autoindustrie mit Elektroautos
Grenzüberschreitungen bei ihren viel gekauften größeren Modellen, z.B. SUV,
kompensieren und so rechnerisch unter den CO2-Grenzwerten
bleiben. Dadurch nehmen unter dem Strich durch Elektroautos die CO2-Emissionen
nicht ab, sondern zu.
Weitere Auswirkungen von Elektroautos
Daneben entstehen durch Elektroautos weitere,
bisher nicht gelöste Probleme:
Elektroautos können normale Autos bisher noch nicht vollwertig ersetzen
(beschränkte Reichweite, lange Ladedauer der Batterien). 43% der Käufer von
Hybrid-PKW und 59% der Käufer von Elektroautos nutzen diese deshalb als
zusätzlichen PKW, nur etwa die Hälfte der Käufer schafft nach dem Erwerb
einen anderen PKW ab. Elektroautos führen deshalb zu einer Verschärfung des
Stellplatzproblems in Städten. Der erhöhte Ressourcenverbrauch durch die
Zunahme der Fahrzeugzahl ist bisher in keiner Öko-Bilanz oder
Szenarienberechnung von Elektroautos berücksichtigt.
Während Benzin- und Diesel-PKW über die
Mineralölsteuer zumindest einen Teil ihrer Infrastrukturkosten finanzieren,
tragen Elektrofahrzeuge keine Kosten der Straßeninfrastruktur, da auf Strom
keine Mineralölsteuer erhoben wird. Elektroautos haben zwar höhere
Anschaffungskosten und damit Fixkosten, liegen aber bei den
fahrleistungsabhängigen Betriebskosten bei weniger als der Hälfte im
Vergleich zu normalen PKW und öffentlichen Verkehrsmitteln.
Änderung des Verkehrsverhaltens durch
Elektroautos
Durch die deutlich niedrigeren
fahrleistungsabhängigen Kosten kommt es sowohl zu einer Neu-Induktion von
Verkehr als auch zu einer Verkehrsverlagerung vom ÖV zum MIV, was schwerwiegende ökologische (Zunahme von Flächenverbrauch, CO2-Emissionen
und Unfallrisiko) und ökonomische Folgen hätte (Überlastung des
Straßennetzes, Zunahme der Betriebskosten und des Defizits des ÖV).
Dieser Effekt wurde zuerst in Norwegen beobachtet
und beschrieben. Norwegen ist das Land mit dem höchsten Anteil an
Elektroautos, inzwischen sind rund ein Viertel der Neuwagen Elektroautos.
Besitzer von Elektroautos nutzen auf dem Weg zur Arbeit in Norwegen deutlich
häufiger das Auto als Öffentliche Verkehrsmittel, das Fahrrad oder die
eigenen Füße. Besonders interessant ist ein Vorher-Nachher-Vergleich des
Einflusses des Kaufs eines Elektroautos auf das Nutzerverhalten. Nach
Anschaffung eines Elektroautos ging die Nutzung des ÖPNV in Norwegen bei den
Fahrten zur Arbeit um über 80% zurück.
Höheres Unfallrisiko für Fußgänger und
Fahrradfahrer durch Elektro- und Hybridautos
Ein weiterer bisher zu wenig beachteter Aspekt ist
das Unfallrisiko durch Elektroautos. Fußgänger und Fahrradfahrer orientieren
sich im Verkehrsgeschehen neben dem Sehsinn auch unbewusst durch das Gehör,
um herannahende Fahrzeuge oder Beschleunigungen von Fahrzeugen zu erkennen.
Elektro- und Hybridfahrzeuge im Elektromodus verursachen im Gegensatz zu
normalen Autos fast keine Motorgeräusche und sind im Stadtverkehr, besonders
bei Geschwindigkeiten unter 35 km/h, kaum oder gar nicht hörbar. Dies erhöht
das Unfallrisiko im Stadtverkehr. Eine Untersuchung aller Unfälle mit
Hybridautos in 12 Bundesstaaten der USA in den Jahren 2000 – 2006 durch.
Hybridautos hatte das Ergebnis, dass Hybridautos Fußgänger 44% stärker
gefährden als normale PKW (siehe Tabelle). Das Unfallrisiko für
Fahrradfahrer ist durch Hybridautos sogar um 72% erhöht. Die Risikoerhöhung
zeigte sich dabei nur bei Geschwindigkeiten im Stadtverkehr, bei höheren
Geschwindigkeiten dominiert das Rollgeräusch, das sich zwischen Elektro- und
Verbrennungsantrieb nicht unterscheidet. Hybridautos fahren im Stadtverkehr
in der Regel elektrisch. Die Ergebnisse sind deshalb auf Elektroautos
übertragbar.
Unfallopfer |
Erhöhung der Unfallzahl durch Hybrid-PKW im
Vergleich zu normalen PKW |
Fußgängerunfälle |
+ 44% |
Fußgängerunfälle <35 mph (48 km/h) |
+ 53% |
Fußgängerunfälle >35 mph (48 km/h) |
0% |
Fahrradunfälle |
+ 72% |
Tabelle: Erhöhung des Unfallrisikos durch
Hybrid-Autos (Auswertung aller
Unfälle mit Hybridautos in 12 Bundesstaaten der USA in den Jahren 2000 –
2006)
Wo ist Elektromobilität sinnvoll ?
E-Mobilität ist heute sinnvoll bei
|
schienengebundenem öffentlichem Verkehr (keine Speicherung
des Stroms notwendig, geringe Rollreibung Stahl-Stahl, geringer
Flächenbedarf) |
|
Pedelecs (geringe Masse, Unterstützung der Muskelkraft,
Ausdehnung des Einsatzbereichs des flächen- und ressourcensparenden
Fahrrads) |
Bei Elektroautos dagegen bestehen neben den
technischen Problemen in Deutschland aus ökologischer Sicht heute noch
gravierende Nachteile, die in der Studie näher erläutert werden..
Langfristig könnten Elektroautos eine wichtige und
auch ökologisch sinnvolle Rolle im Verkehrsgeschehen spielen, wenn diese
Probleme gelöst werden. Dazu müssen folgende Voraussetzungen geschaffen
werden::
Erst wenn alle diese Bedingungen erfüllt sind,
führen Elektroautos nicht mehr zu einer Verschärfung, sondern zu einer
Verringerung von Umweltproblemen. Solange diese
Voraussetzungen nicht erfüllt sind, führt die Förderung oder
Subventionierung von Elektroautos zur Zunahme der CO2-Emissionen
und damit zum Gegenteil des Beabsichtigten.
Das nachfolgende Bild zeigt für den Durchschnitt
der PKW-Neuzulassungen in Deutschland 2001 bis 2014 die Entwicklung
verschiedener technischer Parameter, von denen der Treibstoffverbrauch und
damit die Höhe der -Emissionen
abhängen. Die Höchstgeschwindigkeit lag im Jahr 2014
um 4,9% höher als 2001, das Leergewicht der
Fahrzeuge um 10,7% und die Motorleistung um 22,8%. Trotzdem ging die aus
Prüfstandmessungen mit dem NEFZ-Zyklus ermittelte spezifische CO2-Emission
seit 2001 um 26% zurück ! (in Grafik untere rote Linie „behauptete CO2-Emission,
g/km") Allerdings wuchs im gleichen Zeitraum die Diskrepanz zwischen den
Ergebnissen der Prüfstandmessungen und realer Messungen des spezifischen
Treibstoffverbrauchs (und damit der
CO2-Emissionen) auf +34,1% ! (obere rote Linie) Dies legt den Verdacht nahe, dass
der in den Zulassungsstatistiken angezeigte Rückgang der spezifischen CO2-Emissionen
und damit die rechnerische Einhaltung der EU-CO2-Grenzwerte
immer mehr mit der raffinierten Ausnutzung und Optimierung technischer
Möglichkeiten auf dem Prüfstand und immer weniger mit der Realität zu tun
hat.
Die Einhaltung der EU-CO2-Flottengrenzwerte
wird der Automobilwirtschaft in Zukunft zunehmend Probleme bereiten: die
Grenzwerte werden in Zukunft gesenkt und der unrealistische Testzyklus muss
in absehbarerer Zeit auf einen realistischeren Testzyklus umgestellt werden.
Die Einhaltung der Grenzwerte wird zusätzlich dadurch erschwert, dass bei
fast allen Automobilfirmen die Hauptwachstumssegmente aus schweren und
leistungsstarken Modellen mit hohem Verbrauch und hohen CO2-Emissionen
bestehen.
Die Automobilwirtschaft wird deshalb die
E-Mobilität aus eigenem Interesse, auch ohne staatliche Subventionierung,
weiterentwickeln, um die Möglichkeiten der Kompensation von CO2-Grenzwertüberschreitungen
bei wachsenden Marktsegmenten durch Elektroautos in Anspruch nehmen zu
können. Selbstverständlich versucht sie dabei im Rahmen ihrer
Öffentlichkeitsarbeit und durch direkten und indirekten Einfluss auf die
Politik, einen möglichst hohen Teil der Kosten der Entwicklung und
Einführung von Elektroautos auf den Steuerzahler abzuwälzen.
Es ist angesichts der heute noch bestehenden
ungelösten Probleme und negativen Folgen von Elektroautos jedoch nicht
sinnvoll, deren Einführung von staatlicher Seite mit Subventionen oder
Nutzeranreizen zu fördern.
Da in Ländern mit hohem Anteil von CO2-freiem
Strom wie Norwegen mit 99% Wasserkraftanteil der Anteil von Elektroautos an
den Neuzulassungen bereits über 20% liegt, muss nicht befürchtet werden,
dass ohne staatliche Subventionen die Entwicklung von Elektroautos zum
Stillstand käme. Die Aufgabe der Politik besteht darin, die
Rahmenbedingungen so zu ändern, dass eine umweltfreundliche E-Mobilität in
Zukunft möglich wird.
Sie können den UPI-Bericht 79: „Ökologische Folgen von
Elektroautos - Ist die staatliche Förderung von Elektro- und Hybridautos
sinnvoll ?", Oktober 2019,
als PDF (3 MB) herunterladen.
Nr. |
Inhaltsverzeichnis |
Seite |
0 |
Zusammenfassung |
2 |
1 |
Einleitung |
3 |
2 |
CO2-Emissionen durch den Verkehr
in Deutschland |
3 |
3 |
Ökobilanz von Elektroautos |
5 |
3.1 |
Elektroautos in der Zukunft |
12 |
3.2 |
Lässt sich die Ökobilanz mit Öko-zertifiziertem Strom
verbessern ? |
17 |
3.3 |
Elektroauto mit Strom aus eigener Photovoltaik-Anlage |
18 |
4 |
Ele ktroautos im Kontext der EU-CO2-Gesetzgebung |
19 |
4.1 |
Das Konzept der CO2-Flottenemissionsgrenzwerte |
19 |
4.2 |
Messung der CO2-Emissionen bei der
Typzulassung und reale Emissionen |
21 |
4.3 |
Die Kompensation von Grenzwertüberschreitungen |
26 |
4.4 |
Die Folgen der Kompensationslösung in der Praxis |
29 |
4.5 |
Genügt die Begrenzung der spezifischen Emission in g CO2/km
? |
30 |
4.6 |
Welche Folgen hätten 1 Million Elektroautos ? |
32 |
4.7 |
Rechtfertigung der „Nullemission" von Elektroautos durch
CO2-Zertifikatehandel ? |
33 |
5 |
Höhere Unfallrisiken durch Elektroautos |
35 |
6 |
Rebound-Effekte durch Elektroautos |
36 |
6.1 |
Regulatorischer Rebound |
36 |
6.2 |
Finanzieller Rebound |
37 |
6.3 |
Mentaler Rebound |
39 |
6.4 |
Funktionaler Rebound |
41 |
7 |
Förderprogramme für Elektromobilität |
43 |
7.1 |
Konzept eines Marktförderprogramms für Kraftfahrzeuge
mit besonders niedrigen lokalen Emissionswerten" („Krüger-Konzept") |
44 |
7.2 |
Integriertes Handlungsprogramm zur Förderung der
E-Mobilität in München |
49 |
7.3 |
Heidelberger Förderprogramm „Umweltfreundlich mobil" |
52 |
8 |
Elektroautos in der Zukunft: Voraussetzungen |
57 |
8.1 |
Berechnung der CO2-Flottenemission
mit realer statt mit „Null"-Emission |
59 |
8.2 |
Deutliche Abnahme fossiler Brennstoffe in der
Stromerzeugung |
59 |
8.3 |
Vorsorge gegen eine Verkehrsverlagerung vom
Öffentlichen Verkehr zum Auto |
59 |
8.4 |
Vermeidung eines Anstiegs der PKW-Zahl |
60 |
8.5 |
Vorkehrungen gegen erhöhtes Unfallrisiko |
60 |
9 |
Abbildungsverzeichnis |
62 |
10 |
Tabellenverzeichnis |
63 |
UPI-Bericht
79: „Ökologische Folgen von Elektroautos - Ist die staatliche Förderung
von Elektro- und Hybridautos sinnvoll ?", August 2015,
3. aktualisierte Auflage Oktober 2019,
63 Seiten, 52 Grafiken,
PDF (3,2 MB)
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