Neuenheimer Feld
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Jahrbuch Handschuhsheim 2005

Schutz des Handschuhsheimer Felds - Aktueller Stand

von Petra Bauer und Dieter Teufel 

Im Jahrbuch 2003 berichteten wir über die Bedrohung des Handschuhsheimer Felds durch Straßenbauplanungen und die zahlreich vorhandenen Alternativen.[1] Erinnern wir uns: Die von einzelnen Fraktionen zur besseren Verkehrsanbindung des Neuenheimer Feldes favorisierten Straßenbauten würden den Verkehr auf der B 3 in Handschuhsheim nur minimal entlasten. (Entlastung durch eine 5.Neckarbrücke: 6,2%, durch einen Kleinen Nordzubringer: 5,8%). Im Gegensatz dazu brächte ein Mobilitätspaket aus 20 zum großen Teil preiswerten und schnell zu realisierenden umweltfreundlichen Maßnahmen (Job-Ticket und Parkraumbewirtschaftung, Straßenbahnanbindung des Universitätscampus, gezielte Verbesserungen des Öffentlichen Verkehrs u.a.) eine wesentlich größere Entlastung, für die B 3 in Handschuhsheim z.B. achtmal soviel wie durch einen sog. „Kleinen“ Nordzubringer durch das Handschuhsheimer Feld.  

Anfang 2003 noch hatte die Oberbürgermeisterin mit dem Rektor der Universität einen sog. Kompromiss ausgehandelt, der kurzfristig den Bau eines Kleinen Nordzubringers durch das Handschuhsheimer Feld und langfristig den Bau einer 5. Neckarquerung durch das Europäische Naturschutzgebiet Alt-Neckar vorsah. Dies rief in der Bürgerschaft einen Sturm der Entrüstung hervor, dem durch eine Demonstration der Handschuhsheimer Gärtner und vieler Bürgerinnen und Bürger vor der entscheidenden Gemeinderatssitzung am 9.4.2003 vor dem Rathaus Nachdruck verliehen wurde.[2] Der Gemeinderat lehnte den von Oberbürgermeisterin und Universitätsrektor geheim ausgehandelten Kompromiss zum Glück ab. Er beschloss stattdessen die Durchführung einer Umweltverträglichkeits-Untersuchung (UVU), um zu prüfen, ob durch das Europäische Naturschutzgebiet Altneckar überhaupt eine Brücke gebaut werden darf. Im Rahmen dieser UVU wird als eine von mehreren Alternativen auch wieder ein Nordzubringer durch das Handschuhsheimer Feld in mehreren Varianten geprüft. Die Ergebnisse der UVU werden im Sommer 2005 vorliegen, der Gemeinderat wird danach über einzelne Maßnahmen entscheiden. 

Grund genug also, sich diesem für Handschuhsheim wichtigen Thema wieder zuzuwenden und zu prüfen, was in den letzten beiden Jahren auf diesem Gebiet geschehen ist.  

1        Der Verkehr ins Neuenheimer Feld - Wo liegt der Engpass ?

Bevor wir uns den einzelnen Lösungsmöglichkeiten zuwenden, müssen wir uns zunächst einige grundlegende Entwicklungen und Zahlen anschauen. Von den Befürwortern neuer Straßenbauten (5.Neckarbrücke, Nord-Zubringer, Ausbau Klausenpfad) wird argumentiert, dass die zukünftigen Verkehrsströme ins Neuenheimer Feld, insbesondere die durch den Neubau der Kliniken entstehenden Patientenströme, nur mit einem massiven Ausbau des Straßennetzes gewährleistet werden können. Den Höhepunkt erreichte diese Argumentation kurz vor der im Jahr 2003 entscheidenden Gemeinderatssitzung durch eine Pressemitteilung der Universität am 3. April 2003 mit dem Titel „Eine weitere Verkehrsanbindung an das Neuenheimer Feld ist für die Krankenversorgung dringend erforderlich“.[3] Darin hieß es: „Im vergangenen Jahr wurden in den Universitätskliniken im Neuenheimer Feld insgesamt 388 000 Patienten stationär und ambulant behandelt. Für das Jahr 2004, in dem die Medizinische Klinik aus Bergheim in den Neubau im Neuenheimer Feld übersiedelt, wird eine Zunahme des Patientenstromes auf mindestens 551 000 pro Jahr erwartet.“ Diese beeindruckenden Zahlen verfehlten ihre Wirkung nicht. In der Gemeinderatssitzung eine Woche später nahm CDU-Gemeinderat Klaus Weirich die Argumentation auf und führte für den Fall aus, dass keine 5.Neckarbrücke gebaut würde:Es gibt sonst nur noch die Alternative, dass Herzinfarkt-Patienten mit dem Fahrrad oder mit der Rikscha zur Klinik kommen.“ 

1.1      Nordzubringer wegen Patienten ? 

Schauen wir uns die Zahlen einmal etwas genauer an. 550 000 Patienten sind ohne Zweifel eine gewaltige Zahl. Eine Zahl sagt jedoch noch nicht viel aus, wenn man nicht die dazugehörige Einheit betrachtet. Die Einheit ist in diesem Fall „Patienten pro Jahr.“ Normalerweise werden Verkehrsströme in der Einheit „Fahrten pro Werktag“ dargestellt. Interessant ist deshalb die Frage, wie viele Patienten pro Werktag in Zukunft in das Neuenheimer Feld ein- und ausfahren und wieviel dies im Vergleich zu dem übrigen Verkehr aus Beschäftigten, Studenten, Besuchern und Einwohnern ist. Das Ergebnis zeigt für das Jahr 2015 die Grafik „Werktäglicher PKW-Verkehr in und aus dem NHF, 2015“.

 

Daraus wird ersichtlich, dass die gewaltig groß erscheinende Zahl von 800 000 Patienten pro Jahr selbst im Jahr 2015 zu einem Anteil von nur 7% am werktäglichen PKW-Verkehr in das Neuenheimer Feld zusammenschrumpft. Fast die Hälfte des PKW-Verkehrs ins Neuenheimer Feld wird durch Beschäftigte, ein Viertel durch Studenten verursacht. Es kommt hinzu, dass sich der 7%-Anteil des Patientenverkehrs über den ganzen Tag verteilt, während der Verkehr der Beschäftigten vornehmlich zu den morgendlichen und nachmittäglichen Spitzenzeiten des Verkehrs anfällt.  

Es bleibt jedoch die Tatsache, dass in Zukunft durch Bau neuer Kliniken und anderer Einrichtungen im Neuenheimer Feld die Zahl der Pendler und Besucher auf dem Universitätscampus deutlich zunehmen wird. Diese Tatsache führt bei vielen zur Schlussfolgerung, dass aus diesem Grund die Straßen deutlich ausgebaut werden müssten. 

Wie der zukünftige Verkehr in das Neuenheimer Feld tatsächlich abgewickelt wird, hängt jedoch in erster Linie und entscheidend von der Zahl der vorhandenen PKW-Stellplätze ab. Heute sind im Bereich Neuenheimer Feld 7400 PKW-Stellplätze vorhanden, davon knapp 20% nicht offiziell ausgewiesene Stellplätze (auf Grünanlagen, Fußgängerbereichen, Gehwegen). Diese Stellplätze sind heute werktäglich ab ca. 8 Uhr vollständig belegt, mit Ausnahme der bewirtschafteten Stellplätze in dem Parkhaus gegenüber der Neuen Medizinischen Klinik. Da auf einem Teil der Stellplätze in Zukunft Einrichtungen gebaut werden, würde mittelfristig die Zahl der Stellplätze zurückgehen. Erst langfristig soll durch Auflagen der Stadt Heidelberg (siehe nächstes Kapitel) durch Bau von Parkpaletten wieder fast die heutige Stellplatzzahl erreicht werden (siehe Grafik „PKW-Stellplätze im Uni-Campus NHF“).

Diese Zahl der vorhandenen PKW-Stellplätze ist jedoch die entscheidende Größe, von der abhängt, wie viele Autos in Zukunft in das Neuenheimer Feld fahren. Dieser Sachverhalt wird in der öffentlichen Diskussion von manchen, die sich nicht näher mit dem Thema befasst haben, vergessen. Da die PKW-Stellplätze im Neuenheimer Feld heute schon überbelegt sind und eine Ausweitung der Stellplätze nicht geplant ist, wird sich der Autoverkehr, egal wie viele zusätzliche neue Einrichtungen im Neuenheimer Feld in der Zukunft gebaut werden und egal welche Straßen zusätzlich gebaut werden, im Vergleich zu heute nicht mehr erhöhen können. Was sich jedoch durch den Bau zusätzlicher Einrichtungen auf dem Universitäts-Campus erhöhen wird, ist zweifellos die Zahl der Pendler und Besucher. Dieser zu erwartende Zuwachs kann jedoch auch bei optimalem Ausbau des Straßennetzes nicht mehr per PKW, sondern nur mit den erheblich leistungsfähigeren öffentlichen schienengebundenen Verkehrsmitteln abgewickelt werden. (Eine Straßenbahn braucht zum Transport der gleichen Zahl von Personen im Vergleich zum Auto nur weniger als ein Fünfzehntel der Fläche und keine Stellplätze und sie kann in derselben Zeit rund 10-mal so viele Menschen transportieren wie das Auto.) Gerade auf diesem für die Lösung der Verkehrsprobleme außerordentlich wichtigen Gebiet blockierte jedoch bis vor kurzem leider die Universität fast ein Jahrzehnt lang die Planungen der HSB. Der Gemeinderat der Stadt Heidelberg hatte bereits im Jahr 1994 bei der Verabschiedung des Verkehrsentwicklungs­planes beschlossen, das Neuenheimer Feld durch eine neue Straßenbahnlinie anzubinden. Dies scheiterte jedoch bisher daran, dass die Universität der HSB keine Schienenstrecke durch den Campus anbot und die Vorschläge der HSB ablehnte. 

1.2      Stadtverwaltung verursacht durch Auflagen Teil des Problems 

Bemerkenswert ist, dass ein Teil des Verkehrsproblems des Neuenheimer Felds durch Auflagen der Stadtverwaltung Heidelberg an die Universität verursacht wird. Im Universitätsgebiet Neuenheimer Feld liegen 2500 der 7400 Stellplätze auf künftigem Baugelände. Sie werden wegfallen, wenn verschiedene geplante Gebäude errichtet werden. Die Universität würde auf den Neubau dieser Stellplätze gerne verzichten, was das Verkehrsproblem deutlich reduzieren würde. Allerdings plant die Stadt Heidelberg der Universität vorzuschreiben, dass die wegfallenden Stellplätze wieder zu 100% an anderer Stelle neu gebaut und auch für Neubauten zusätzliche Stellplätze errichtet werden müssen. Auf diesem Weg sollen bis zum Jahr 2010  700 und bis 2020  1500 PKW-Stellplätze neu errichtet werden. Die Universität schreibt dazu in ihrem Verkehrs-Konzept: „Durch eine Zurücknahme baurechtlicher Auflagen zum Bau von Stellplätzen im Zuge der Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs könnten diese Neuanlagen weitgehend vermieden werden.“[4] Die Universität spricht sich dafür aus, dass die Stellplatzkapazität auf 5 500 Parkplätze beschränkt wird und durch geeignete Maßnahmen der Zustrom des Individualverkehrs gesteuert und verringert wird.  

Geringere Auflagen zum Bau von neuen Stellplätzen beim Bau von Gebäuden wären technisch und juristisch kein Problem, wenn gleichzeitig der Öffentliche Verkehr in dem betreffenden Gebiet deutlich verbessert wird. Andere Universitäten in Baden-Württemberg haben eine wesentlich geringere Zahl von Stellplätzen pro Universitätsangehörigen. Auch in Heidelberg liegt bei den Universitätsinstituten in der Altstadt die Zahl der Stellplätze pro Universitätsangehörigen 30-fach (!) niedriger als im Neuenheimer Feld. Die Landesbauordnung Baden-Württemberg sieht vor, dass bei guter Anbindung an den ÖPNV der Stellplatzschlüssel bis auf 30% gesenkt werden kann.[5] Die Stadt Heidelberg sieht in ihren Auflagen an die Uni jedoch einen Stellplatzschlüssel von 60% vor.  

Die Grafik „Universität Heidelberg, Vergleich Altstadt - Neuenheimer Feld“ zeigt die Zahl der Beschäftigten und der Studenten im Vergleich zu den vorhandenen Stellplätzen. Man sieht, dass die Zahl der universitätseigenen Stellplätze pro Universitätsangehörigen in der Altstadt rund 30 mal niedriger liegt als im Neuenheimer Feld, ohne dass bisher jemand geklagt hätte, die Institute der Universität in der Altstadt wären für Beschäftigte oder Studenten nicht erreichbar.

 

Durch diese von der Stadtverwaltung entgegen den Wünschen der Universität geforderte hohe Stellplatzzahl beim Bau neuer Gebäude verursacht die Stadt die Verkehrsprobleme mit, bei deren Lösung sie gleichzeitig nicht so recht vorankommt. Bei Einführung einer Parkraumbewirtschaftung, eines Job-Tickets für alle Beschäftigte und einer Straßenbahn-Anbindung des Neuenheimer Feldes könnte die Stadtverwaltung die Stellplatzanforderungen sowohl bei neuen Gebäuden als auch beim Wiederaufbau der durch Baumaßnahmen wegfallenden Stellplätze für die bestehenden Gebäude deutlich reduzieren. Davon würden alle profitieren: die Uni und das Land würden Geld für teure Parkpaletten und Tiefgaragen sparen, der PKW-Verkehr auf der Ernst-Walz-Brücke und der B3 würde im Vergleich zu heute abnehmen, die Stadt könnte das Geld für teure Verkehrsinvestitionen sparen und die Umweltbelastungen in der ganzen Stadt würden zurückgehen. 

2        Wie entsteht ein Stau und wie lässt er sich vermeiden ? 

Um prüfen zu können, mit welchen Maßnahmen ein Stau am besten beseitigt werden kann, muss zunächst klar sein, wie ein Stau entsteht. 

Jede Straße hat eine maximale Durchflusskapazität, die vor allem von der Zahl der Fahrspuren und den Grünzeiten an den Ampeln abhängt. Eine innerstädtische Hauptstraße hat in der Regel eine maximale Leistungsfähigkeit pro Fahrspur von rund 1200 PKW pro Stunde und Richtung. Solange weniger als 1200 Kfz pro Stunde und Spur auf dieser Straße fahren, entsteht kein Stau, egal wie viele Fahrzeuge unterwegs sind. In dem Moment jedoch, in dem mehr als 1200 Kfz pro Stunde in die Straße einfahren, wird die Leistungsfähigkeit der Straße überschritten und es kommt, wie die Grafik „Wie entstehen Staus?“ zeigt, zu einem Stau. Wenn z.B. 1300 Kfz pro Stunde durch die Straße fahren wollen, hat sich nach einer Stunde ein Stau von ca. 800 Metern gebildet. Aus der Grafik sind die Staulängen bei verschiedenen Fahrzeugzahlen ablesbar.

 

Aus diesen Zusammenhängen folgt direkt, was zur Beseitigung regelmäßiger Staus getan werden muss: Bei einer regelmäßigen Staulänge von einem Kilometer zur Rush-hour muss die Verkehrsmenge um 9% reduziert werden, damit der Verkehr wieder ohne Stau fließt. Bei einer Staulänge von 2 km beträgt die zur Beseitigung der Staus notwendige Verkehrsreduktion 18%. 

Aus diesen quantitativen Zusammenhängen folgen wichtige Schlussfolgerungen, die oft in der Verkehrsdiskussion nicht beachtet werden. Um die bei der heutigen Zufahrt ins Neuenheimer Feld vorhandenen Staus zu beseitigen, ist es überhaupt nicht notwendig, dass alle Autofahrer in Zukunft auf die Straßenbahn umsteigen oder gar, wie Herr Weirich im Gemeinderat meinte, Herzinfarkt-Patienten mit der Straßenbahn oder dem Fahrrad in die Klinik fahren müssen.[6] Um die Überlastungen des Straßennetzes zu beseitigen, genügt es vollständig, wenn ein kleiner Teil (zwischen 10 und 20%) der Autofahrer vom eigenen PKW auf eine Alternative umsteigt: z.B. auf S-Bahn und Straßenbahn, auf Fahrrad, auf Fahrgemeinschaften oder auf Tele-Arbeit. Zum Vergleich: Allein durch eine Bewirtschaftung der bisher über 7000 kostenlos angebotenen Stellplätze in Kombination mit einem Job-Ticket für die Beschäftigten der Universität und der Kliniken würden nach den Berechnungen der Verkehrsgutachter rund 10% der heute mit dem Auto fahrenden Beschäftigten und Studenten auf den Öffentlichen Verkehr umsteigen. 

Die geschilderten Zusammenhänge sind der Grund dafür, dass eine Lösung der heutigen und der zukünftigen Verkehrsprobleme des Neuenheimer Feldes nur durch die Realisierung effektiver Maßnahmen geschehen kann, wie sie in dem Mobilitätspaket vorgeschlagen werden. Durch Bau zusätzlicher Straßen ließen sich bestenfalls und auch dann nur in geringem Maße Stauprobleme reduzieren.[7] Das Stellplatzproblem auf dem Uni-Campus jedoch wäre durch Straßenbau nicht lösbar, im Gegenteil, es würde massiv verschärft werden. Zusätzlich würden durch die diskutierten Straßen erhebliche Eingriffe in den Naturschutz, die Naherholung und das für unsere Ernährung wichtige Handschuhsheimer Feld erfolgen und neuer Autoverkehr induziert, von den enormen Kosten und der Zeitverzögerung bis zur Realisierung einmal ganz abgesehen. 

Die entscheidende Frage ist deshalb, ob es in den letzten zwei Jahren gelungen ist, das aus rund 20 Maßnahmen bestehende, teilweise schon vor über 10 Jahren beschlossene Mobilitätspaket endlich auf den Weg zu bringen. Schauen wir uns dazu die Maßnahmen des Pakets der Reihe nach genauer an. Dabei wollen wir mit den erfreulichen Punkten beginnen: 

3        Umsetzung des Mobilitätspakets

3.1      S-Bahn 

Im Dezember 2003 ging endlich - nach rund 35 Jahren Diskussion und Planung - die S-Bahn Rhein-Neckar in Betrieb. Damit erhielt unser Ballungsraum - als letzter in Deutschland - eine S-Bahn. Es hat zwar sehr lange gedauert, aber es wurde gut. Bereits im ersten Jahr erreichte die S-Bahn Rhein-Neckar eine durchschnittliche Pünktlichkeit von 98%. Und die Fahrgäste stimmten deutlich mit den Füßen ab: Im Vergleich zu den vorherigen Regionalzügen der Deutschen Bahn hat die S-Bahn bereits im ersten Jahr einen nicht erwarteten Fahrgast-Zuwachs von 30% erreicht, das sind 5,2 Millionen Fahrgäste pro Jahr mehr als früher ! Damit hat die S-Bahn sowohl im Berufs- als auch im Freizeitverkehr eine außerordentlich hohe Akzeptanz. Dies liegt nicht nur an der Pünktlichkeit, sondern auch an den neuen, schnittigen Fahrzeugen, die schnell und komfortabel fahren. Zum ersten Geburtstag am 14. Dezember 2004 setzte die S-Bahn-Rhein-Neckar auf Grund der hohen Nachfrage 20 weitere Züge ein und fährt seither auf den besonders intensiv nachgefragten Strecken in Doppeltraktion, d.h. mit zwei aneinander gehängten Bahnen. 

3.2      S-Bahn Nord-Strecke 

Auf Grund des großen Erfolgs der S-Bahn planen die Verantwortlichen einen Ausbau der S-Bahn in mehreren Stufen. Dabei sind sowohl eine Verlängerung bestehender Linien, z.B. von Kaiserslautern nach Homburg und von Neckargemünd nach Eppingen und Altglasterhausen geplant als auch neue Linien von Mannheim nach Karlsruhe und nach Biblis, von Heidelberg nach Worms und die für Handschuhsheim besonders wichtige Nordstrecke von Mannheim und Heidelberg die Bergstraße entlang nach Weinheim, Heppenheim, Bensheim und Darmstadt. Die Planungen sehen den Bau dieser Nordstrecke ab 2008 und die Inbetriebnahme im Dezember 2010 vor. Damit könnten ab diesem Zeitpunkt Fahrgäste aus den nördlichen Bergstraßengemeinden, ähnlich wie heute schon aus der Pfalz, Speyer, Ludwigshafen/Mannheim, dem Neckartal und Karlsruhe/Bruchsal mit der S-Bahn in festem Takt komfortabel und zügig mit der S-Bahn nach Heidelberg fahren. 

3.3      Straßenbahn ins Neuenheimer Feld 

Ausstiegspunkt für die in Zukunft aus vielen Richtungen mit der S-Bahn nach Heidelberg fahrenden Fahrgäste ist der Hauptbahnhof Heidelberg. Die entscheidende Frage ist dann, wie sie von dort z.B. zu ihrem Arbeitsplatz oder zum Studium ins Neuenheimer Feld gelangen. Nach wie vor existiert nur die Straßenbahnstrecke durch die Berliner Straße. Ist der Zielort das zentrale oder westliche Neuenheimer Feld (z.B. Kinderklinik, Theoretikum, Neue Medizinische Klinik, zukünftig geplante Kliniken, neue PH usw.) müssen die Fahrgäste im Berufsverkehr in vollen Bussen dicht gedrängt und wenig komfortabel vom Hauptbahnhof ins Neuenheimer Feld fahren, weil das Neuenheimer Feld bisher nicht durch die Straßenbahn erschlossen ist. 

Schon seit langem ist deshalb geplant, eine neue Straßenbahnlinie in das Neuenheimer Feld zu bauen. Dies wurde jedoch bisher von einzelnen Instituten der Universität mit dem Argument verhindert, dass die elektromagnetischen Felder einer Straßenbahn einzelne Messgeräte stören würden. In diesem Zusammenhang wurde argumentiert, dass vor dem Bau einer Straßenbahn zunächst mehrere Universitäts-Institute verlegt werden müssten. Diese Argumentation war falsch. Inzwischen hat auch die Universität eingesehen, dass, wenn überhaupt, schlimmstenfalls einige wenige Messinstrumente an einen anderen Standort verlegt werden müssten. Für solche und andere Zwecke hat die Universität schon vor Jahren ein eigenes Verfügungsgebäude mitten im Neuenheimer Feld gebaut. Dieses wurde im Oktober 1998 eingeweiht und könnte empfindliche Geräte aus der Physikalischen Chemie und der Mineralogie (Hauptkonfliktpunkte der geplanten Straßenbahntrasse) aufnehmen. 

Bis vor kurzem wurde die Straßenbahn-Erschließung des Neuenheimer Feldes nur als südliche Stichstrecke von der Berliner Straße an der Chirurgie vorbei zum Zoo geplant. Wir haben bereits im Artikel des Jahrbuchs 2003 darauf hingewiesen, dass damit zwar eine Entlastung Bergheims und der Ernst-Walz-Brücke erreichbar ist, nicht jedoch eine Entlastung Handschuhsheims. Dazu müsste zusätzlich auch eine Einfahrt der Straßenbahn von Norden her in das Neuenheimer Feld gebaut werden. Diese Erkenntnis hat sich in den letzten beiden Jahren durchgesetzt. In einer gemeinsamen Sitzung der Bezirksbeiräte Neuenheims und Handschuhsheims am 23.11.2004 beschlossen die Bezirksbeiräte mit 25 Ja- und 0-Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen: „Die Verwaltung wird beauftragt, die Variante A 2 (Ringlinie der Straßenbahn über die Straße im Neuenheimer Feld, nicht über den Klausenpfad) zu planen.“[8] 

Im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss wurde die Erschließung des Neuenheimer Felds mit einer Straßenbahn am 26.10.2004 von allen Fraktionen begrüßt. Außer der Fraktion der Heidelberger sind inzwischen alle anderen Fraktionen auch für die Ringlinie, wie sie auch von den Bezirksbeiräten Neuenheim und Handschuhsheim gewünscht wird, da nur dadurch eine Anbindung der Universität aus Richtung Norden und damit eine Entlastung Handschuhsheims möglich wird.[9] Damit ist endlich der Weg frei, dass eine Schienenanbindung des Neuenheimer Felds sowohl von Süden als auch von Norden her geplant werden kann. Allerdings gibt es nach wie vor noch Probleme mit der Universität. Sie ist gegen eine Straßenbahn in der Straße „Im Neuenheimer Feld“ und wünscht stattdessen, dass die Straßenbahn von Norden her über den Klausenpfad fahren soll. Dies macht verkehrlich jedoch keinen Sinn, da eine Straßenbahn dort fahren muss, wo die Fahrgäste ein- und aussteigen wollen. Bei einer Trasse über den Klausenpfad könnten zwei Haltestellen nicht bedient werden (Haltestelle Technologiepark/Berliner Straße und Max Planck-Institut für Völkerrecht/PH), der Fußweg zum Zentrum der Universität wäre wesentlich größer und der Trassenneubau wäre um 0,7 km länger als die Abzweigung an der Straße „Im Neuenheimer Feld“. 

Bei der Südstrecke hat sich die HSB mit der Universität zwar über einen Streckenverlauf einigen können, die Universität wünscht jedoch, dass die HSB den Abriss des alten kleinen Schwesternwohnheims im Hofmeisterweg und die Verlegung von Geräten bezahlt. Damit liegen einer dringend notwendigen Straßenbahn-Anbindung des Neuenheimer Feldes von Seiten der Universität nach wie vor größere Steine im Weg und man fragt sich manchmal, für wen denn eigentlich die neue Straßenbahn gebaut werden soll, für die Stadt oder für die Uni ?  

3.4      Parkraumbewirtschaftung 

Im Neuenheimer Feld gibt es heute rund 7400 kostenlose PKW-Stellplätze. Diese nehmen eine Fläche von ca. 130 000 qm ein. (Zum Vergleich: Dies entspricht 20 mal der gesamten Fläche des Uniplatzes in der Altstadt oder 150 mal der Fläche des Tiefburgplatzes.) Diese Stellplätze können bisher kostenlos benutzt werden. Da es für Beschäftigte der Universität und der Kliniken außerdem bisher kein Job-Ticket gibt, müssten sie für ein Bürgerticket mit 60 Euro pro Monat fast dreimal soviel zahlen wie z.B. die Beschäftigten der Stadtverwaltung für ein Job-Ticket. Fahren sie dagegen mit dem Auto, können sie kostenlos parken. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass auch denjenigen, die eine gute Verbindung des Öffentlichen Verkehrs vor ihrer Haustür haben, nicht vom Auto auf den Öffentlichen Verkehr umsteigen: Es wäre einfach teurer. Eine Bewirtschaftung der Stellplätze der Universität ist deshalb zusammen mit einem Job-Ticket für die Beschäftigten die wichtigste und am schnellsten zu realisierende Maßnahme zur Verkehrsentlastung. Mit ihr könnten sofort sowohl die katastrophalen Parkprobleme auf dem Uni-Campus wie auch die Zufahrtprobleme ins Neuenheimer Feld deutlich reduziert werden. Laut Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Stuttgart befassen sich „die Universität Heidelberg und das Universitätsklinikum Heidelberg bereits seit dem Jahr 1991 intensiv mit der Entwicklung von Parkraum-Bewirtschaftungskonzepten.“[10] Im Jahr 1994 beschloss der Gemeinderat Heidelberg im Verkehrsentwicklungsplan, dass die Universität eine Parkraumbewirtschaftung und ein Job-Ticket einführen sollen, um die Verkehrsprobleme zu verringern. Da die Stadt davon ausging, dass die Parkraumbewirtschaftung zügig umgesetzt wird, wurde im Jahr darauf (1995) im gesamten Stadtteil Neuenheim Anwohnerparken eingeführt, um ein Ausweichen von PKW aus dem Neuenheimer Feld nach Beginn der Parkraumbewirtschaftung nach Neuenheim zu verhindern. Seither stagnieren die Planungen. Gegen die Bemühungen der Universität und der Stadtverwaltung zur Einführung der Parkraumbewirtschaftung arbeitete in den letzten Jahren vor allem ein Heidelberger Landtagsabgeordneter, der sich in Stuttgart dafür einsetzte, dass eine Bewirtschaftung der Stellplätze nicht vorgenommen werden konnte.[11] Erst im Jahr 2004 waren die Pläne der Universität wieder so weit gediehen, dass Universitäts-Rektor Prof. Dr. Hommelhoff auf einer Veranstaltung des Stadtteilvereins Wieblingen am 11.5.2004 erklärte: „In diesen Tagen und Wochen wird die Parkraumbewirtschaftung im Neuenheimer Feld beginnen.“[12] Es dauerte jedoch noch bis zum November 2004, bis die Universität Heidelberg in einem Schreiben an die Beschäftigten ankündigte, dass ab 1. oder 2. Quartal 2005 eine Parkraumbewirtschaftung sämtlicher bisher unentgeltlich zugänglicher Parkflächen der Universität eingeführt werden soll.[13] Dieses Schreiben nahm derselbe Landtagsabgeordnete sofort wieder zum Anlass, eine Anfrage an die Landesregierung zu stellen, ob das Vorgehen der Universität Heidelberg eigenmächtig oder mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst abgesprochen sei.[14] Während es ihm in den vergangenen Jahren gelungen war, eine Ablehnung einer Parkraumbewirtschaftung und eines Job-Tickets durch die Landesregierung zu erreichen, hat sich die Situation inzwischen unter dem Druck der Probleme und der Darlegung der Einzelheiten durch die Universität Heidelberg in Stuttgart gewandelt. Das Wissenschaftsministerium schreibt in seiner Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten am 11. Januar 2005: „Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst setzt sich deshalb für die Umsetzung der ersten und der zweiten Stufe des von der Universität Heidelberg vorgeschlagenen Bewirtschaftungskonzepts ein, da angesichts des knappen Stellplatzangebots bei großer Nachfrage die Verkehrsprobleme am Standort Heidelberg zunehmend kaum mehr beherrschbar sind. Dies gilt insbesondere für den Bereich des Neuenheimer Felds, wo aufgrund der jüngst abgeschlossenen Baumaßnahmen (z.B. Medizinische Klinik), laufender Baumaßnahmen (z.B. Schwerionen-Beschleuniger, Bioquant) und geplanter Baumaßnahmen (z.B. Frauenklinik) eine massive Zunahme des ruhenden Verkehrs eingetreten ist bzw. eine noch weitere Zuspitzung der Situation zu erwarten ist.“ Damit kann nun endlich gehofft werden, dass die wichtigste Sofortmaßnahme zur Entspannung der Situation demnächst - immerhin rund 15 Jahre nach Beginn der Planungen und 11 Jahre nach Beschluss des Verkehrsentwicklungsplans - realisiert wird. Wichtig ist allerdings, in welcher Form die Parkraumbewirtschaftung technisch umgesetzt wird. Zur Zeit plant die Universität ein Schrankensystem, mit dem lediglich die vorhandenen großen Stellplatzflächen abgeschrankt und bewirtschaftet werden sollen. Dieses Konzept erscheint nicht sehr tragfähig, da dadurch das wilde Parken außerhalb der bestehenden Stellflächen am Rande von Straßen, in Grünanlagen und in den Fußgängerbereichen des Uni-Campus nicht erfasst wäre und wahrscheinlich noch deutlich zunehmen würde. Notwendig ist deshalb ein technisches System der Bewirtschaftung, das alle Stellplatzflächen im Universitäts-Campus umfasst, auch die ca. 1400 „wilden“ Stellplätze. Des weiteren ist bei Einführung der Parkraumbewirtschaftung mit einem Ausweichen von PKW aus dem Neuenheimer Feld zu rechnen, die die Parkraumbewirtschaftung umgehen wollen. Ein Ausweichen in den Stadtteil Neuenheim ist wegen der dort geltenden Anwohner-Parkregelung nicht möglich. Nördlich der Blumentalstraße im Stadtteil Handschuhsheim jedoch befinden sich zahlreiche freie Stellplätze, die dazu genutzt werden könnten. Es wird deshalb wahrscheinlich notwendig sein, dass durch die Stadtverwaltung zumindest die freien Stellplätze im Südwesten Handschuhsheims genauso wie in Neuenheim vor einem ausweichenden Parkdruck geschützt werden. 

3.5      Job-Ticket  

Bis 2002 war es für Beschäftigte der Universität und der Kliniken, die mit dem Öffentlichen Verkehr fahren wollten, nur möglich, eine ganz normale Monatskarte zum Preis von z.B. 130 Euro (Gesamtnetz VRN) zu kaufen. Zwischenzeitlich wurde durch den Verkehrsverbund Rhein-Neckar erfreulicherweise das Bürgerticket eingeführt, was den Preis auf 60 Euro pro Monat verringert hat. Dies ist zwar eine Verbesserung im Vergleich zu früher, aber immer noch ein relativ hoher Preis, verglichen mit einem Job-Ticket, das die Beschäftigten vieler anderer Unternehmen im Rhein-Neckar-Raum für 23 Euro/Monat nutzen können. Die Universität plant, bei Einführung eines Job-Tickets den Preis für die Nutzung des Parkraums im Neuenheimer Feld auf dieselbe Höhe festzusetzen. Dies wäre im Vergleich zu bisher (60 Euro für Nutzer des Öffentlichen Verkehrs, 0 Euro für Autofahrer) ein gewaltiger Fortschritt: Es wäre dann mit einem Schlag nicht mehr teurer, den Öffentlichen Verkehr statt des Autos zu nutzen. Im Gegenteil: Rechnet man die Betriebskosten des eigenen Fahrzeugs (Benzin, Abnutzung), wäre es dann in Zukunft sogar preiswerter, mit der S-Bahn, Straßenbahn oder dem Bus zu fahren. Dies könnte für einen Teil der Beschäftigten durchaus ein interessanter Anreiz sein, das eigene Auto stehen zu lassen und auf den Öffentlichen Verkehr umzusteigen. 

In einem Artikel der Rhein-Neckar-Zeitung am 15.1.2005 gab die Universität bekannt, dass die Parkraumbewirtschaftung im Sommer 2005 kommen soll. Auch ein Job-Ticket sei geplant, man habe aber noch keine Verhandlungen mit dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar begonnen.[15] 

3.6      Beschleunigung des Öffentlichen Verkehrs 

Bei der Beförderungsgeschwindigkeit des Öffentlichen Verkehrs in Heidelberg hat sich in den letzten zwei Jahren leider nichts verbessert. Nach wie vor liegt die Fahrgeschwindigkeit der HSB-Fahrzeuge nach Fahrplan im Durchschnitt nur zwischen 15 und 16,5 km/h ! Durch einen sinnvollen Vorrang an den meisten Ampeln könnte diese Fahrgeschwindigkeit ohne Nachteile für den Autoverkehr in Heidelberg um mindestens 25% erhöht werden. Dies würde nicht nur den Öffentlichen Verkehr für seine Fahrgäste und für Umsteiger vom Auto attraktiver machen. Die HSB und damit die Stadt Heidelberg könnten durch einen schnelleren Umlauf der Fahrzeuge auch Lohn- und Fahrzeugkosten in Höhe von rund 8 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Heidelberg hinkt hier dem technischen Standard des Öffentlichen Verkehrs, wie er in vielen anderen Städten (z.B. Karlsruhe, Straßburg, Montpellier, Freiburg, Erfurt, Gera, Speyer) realisiert ist, meilenweit hinterher. Auch bei Kreuzungen wie z.B. Berliner Straße/Jahnstraße, wo jahrelang ein Vorrang für die Straßenbahn geplant war, wurde der Straßenbahn bei Einrichtung der neuen Ampeln letztes Jahr kein Vorrang eingeräumt. Auch an völlig untergeordneten Kreuzungen wie z.B. Berliner Straße/Zeppelinstraße und St. Stefansweg kann sich die Straßenbahn heute keinen Vorrang mehr freischalten. Hier ist öfters zu beobachten, wie z.B. über 100 Fahrgäste in der Straßenbahn anhalten und warten müssen, bis 3 Autos aus der Zeppelinstraße die Berliner Straße gequert haben.  

Was dies für die Fahrgäste des Öffentlichen Verkehrs bedeutet, lässt sich an einem konkreten Beispiel in Handschuhsheim zeigen: Fahrgäste, die aus den großen Wohngebieten der Bergstraße, z.B. aus Weinheim, Leutershausen, Großsachsen, Schriesheim oder Dossenheim kommen und ins Neuenheimer Feld wollen, müssen dazu am OEG-Bahnhof in Handschuhsheim von der OEG in die Linie 4 oder 1 umsteigen, um über die Berliner Straße wenigstens an den Rand des Neuenheimer Felds fahren zu können. Die Fahrpläne der OEG und der Linie 4 sind so „aufeinander abgestimmt“, dass OEG und Linie 4 laut Fahrplan immer genau zur selben Minute ankommen. Wenn sie dies tatsächlich täten, wäre dies ein guter Anschluss. In etwa 30 bis 40% der Fälle ist die OEG jedoch um ½ bis 1 Minute verspätet, so dass die aus der OEG aussteigenden Fahrgäste beim Blick Richtung Neuenheimer Feld gerade noch die um die Ecke in die Berliner Straße einbiegende 4er von hinten sehen können. Angeblich kann die Linie 4 deshalb nicht nach Fahrplan eine Minute später als die OEG abfahren, da dann Anschlüsse an anderer Stelle verloren gingen. Dies trifft aber nur zu, wenn die Linie 4 so langsam fährt wie heute. Würde der Linie 4 (und damit auch der Linie 1) in der Berliner Straße nur an den 3 Ampeln Zeppelinstraße, St.Stephansweg und Straße Im Neuenheimer Feld Vorrang eingeräumt, könnte sie eine Minute später vom OEG-Bahnhof abfahren, den Anschluss von der OEG ohne Probleme aufnehmen und gleichzeitig alle weiteren Anschlüsse auf ihrem Weg erreichen. Selbst so einfache Lösungen sind in Heidelberg bisher nicht umgesetzt. 

Verbessert haben sich nach dem letzten Fahrplanwechsel der DB  die Anschlüsse für Fahrgäste aus dem Weschnitztal im Odenwald Richtung Heidelberg. Diese können jetzt mit der Weschnitztal-Bahn z.B. aus Fürth, Mörlenbach oder Rimbach kommend mit nur wenigen Minuten Übergang am Bahnhof Weinheim in die Regionalbahn nach Heidelberg umsteigen und sind 20 - 25 Minuten später im Heidelberger Hauptbahnhof. Von dort müssen sie dann allerdings wieder, weil es noch keine Straßenbahn ins Neuenheimer Feld gibt (s. oben), in den Bus umsteigen. 

Bei der OEG hat sich in den letzten beiden Jahren nichts mehr verbessert. Nach wie vor ist die OEG von Weinheim her ein langsames Verkehrsmittel, da sie zwischen Weinheim und Schriesheim nur ein Gleis in beiden Richtungen zur Verfügung hat und deshalb in Schriesheim jeweils auf den Zug der anderen Richtung fahrplanmäßig lange warten muss. Es ist zwar schon seit Jahren geplant, auch zwischen Schriesheim und Weinheim (wie vor vier Jahren zwischen Heidelberg und Schriesheim gebaut) ein zweites OEG-Gleis zu legen. Diese Planungen sind jedoch in den letzten beiden Jahren nicht vorangekommen. Einige Kommunen, darunter Heidelberg, weigern sich bisher, dazu eine Finanzzusage zu geben.  

Eine andere wichtige Maßnahme zur Anbindung des Nordens an das Neuenheimer Feld ist mit der Gründung der gemeinsamen Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV) wenigstens einen Schritt weitergekommen. Unter diesem Dach arbeiten jetzt die 5 bisherigen Nahverkehrbetriebe des Rhein-Neckar-Raumes (HSB, MVV, VBL, Rhein-Haardt-Bahn und OEG) zusammen und betreiben seit 1. März 2005 den Öffentlichen Nahverkehr in der Region unter einem Dach. Wenn die Ringlinie der Straßenbahn durch das Neuenheimer Feld gebaut ist, wird es sich dann auch lohnen, eine zusätzliche Straßenbahnlinie von der Bergstraße kommend ohne Umsteigen am OEG-Bahnhof Handschuhsheim direkt über die Berliner Straße und die neue Ringstrecke in das Neuenheimer Feld zu führen. Das wird in Zukunft, wenn keine Konkurrenz mehr zwischen HSB und OEG besteht, einfacher zu realisieren sein.  

3.7      Sichere Fahrradverbindung in die Stadt im Zuge der B3-Sanierung  

Bisher ist es nicht sehr sicher, mit dem Fahrrad von Handschuhsheim in die Stadt zu fahren. Die Fahrgeschwindigkeiten des Kfz-Verkehrs sind relativ hoch und auf der B 3 (Rottmannstraße, Steubenstraße und Handschuhsheimer Landstraße) existieren bisher keine Fahrradstreifen. Über diese Straße nehmen u.a. viele Schüler ihren Weg ins Raphael-Gymnasium oder ins KFG. Die Verkehrsbehörde hat im Jahr 2004 beschlossen, dass nach der Sanierung der B 3 zwischen Mönchhofplatz und Kapellenweg endlich beidseitige Fahrradstreifen angelegt werden. Bisher war geplant, diese am Kapellenweg enden zu lassen und die Rottmannstraße weiterhin ohne Fahrradstreifen zu belassen. Am 31.1.2005 beschloss jedoch der Bezirksbeirat Handschuhsheims mit großer Mehrheit (12 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 4 Enthaltungen), dass nach der Sanierung auch in der Rottmannstraße genauso wie südlich in der Steubenstraße und heute schon in der Brückenstraße Fahrradstreifen angelegt werden sollen.  

3.8      Straßenbahnstrecken in die Region 

Fast nichts getan hat sich in den letzten beiden Jahren in Bezug auf den notwendigen Ausbau des Straßenbahnnetzes in die Region. Zur selben Zeit, als in Heidelberg vom Gemeinderat die Straßenbahn-Verlängerungen ins Neuenheimer Feld, nach Wiesloch, nach Walldorf und nach Schwetzingen beschlossen wurde (1993 und 1994), fielen auch z.B. in Heidelbergs Partnerstadt Montpellier, in Straßburg, in Nancy und in Karlsruhe Beschlüsse zum Bau von Straßenbahnen. Seither haben Montpellier, Nancy und Straßburg ein komplett neues Straßenbahn-System aufgebaut (15, 18 bzw. 25 km lang) und Karlsruhe insgesamt 270 km neue Stadtbahnlinien in Betrieb genommen, Heidelberg genau 0,9 km (!). Bei uns beschloss zwar 1994 der Gemeinderat mit einer Zweidrittelmehrheit, Wiesloch, Nussloch und Schwetzingen wieder an das Straßenbahnnetz anzubinden, wie es vor 1970 war und zusätzlich eine Straßenbahnlinie nach Sandhausen und Walldorf zu bauen, geschehen ist jedoch wenig. Nach wie vor müssen z.B. Universitätsbeschäftigte, die in Nussloch oder im Ostteil Wieslochs wohnen, pro Fahrtstrecke dreimal und pro Tag sechsmal umsteigen, wenn sie mit der HSB in das zentrale Handschuhsheimer Feld fahren wollen. Es ist völlig klar, dass die Menschen aus diesen Regionen für einen solchen Transport nicht auch noch 60 Euro pro Monat zahlen, sondern stattdessen das Auto nehmen und das kostenlose Parkangebot im Neuenheimer Feld nutzen.  

Lediglich der Bau der Straßenbahn nach Kirchheim, die später nach Sandhausen und Walldorf verlängert werden könnte, konnte im Sommer 2004 begonnen werden, beschlossen worden war sie 10 Jahre zuvor. Ihr Bau wurde durch Teile des Gemeinderats um mehrere Jahre verzögert, was letztlich dazu führte, dass Heidelberg für den Bau der Straßenbahn jetzt von Stuttgart nur noch verzögert und in Raten Zuschüsse erhält, so dass die Stadt den Bau lange vorfinanzieren muss. Früher gab es aus Stuttgart 85 % Zuschuss zeitgleich mit dem Bau einer Straßenbahn, heute sind es 10% weniger. Dies haben viele andere Städte in Baden-Württemberg wie Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe und Mannheim gut genutzt. Heidelberg hingegen ist es nicht gelungen, von diesen Zuschüssen zu profitieren. Allein durch die Verzögerung der Straßenbahn nach Kirchheim sind Mehrkosten von 6 Millionen Euro entstanden, die wir alle als Steuerzahler zu tragen haben.  

Die Pläne, Ladenburg durch eine Straßenbahnlinie an die OEG und damit das Heidelberger Straßenbahnnetz anzuschließen, sind in den letzten 2 Jahren genauso wenig vorangekommen wie die Einrichtung einer Schnellbuslinie nach Wilhelmsfeld. 

Alles in allem: Es ist einiges geschehen, um einzelne Teile des Mobilitätspakets langsam auf den Weg zu bringen, nach wie vor jedoch harren die wichtigsten Maßnahmen ihrer Umsetzung und nach wie vor ist die Umsetzungsgeschwindigkeit zu gering, um die Probleme umfassend lösen zu können.  

4        Neue Untersuchungen

4.1      Umweltverträglichkeitsuntersuchung 

Am 18.3.2004 beschloss der Gemeinderat, eine „Umweltverträglichkeitsuntersuchung 5. Neckarquerung“ erstellen zu lassen. Darin soll geprüft werden, welche Auswirkungen eine Neckarquerung auf das Europäische Naturschutzgebiet Altneckar hätte und welche Alternativen bestehen. Schon im Januar 2003 war ein von der Stadt Heidelberg in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Professoren Beyerlin und Wolfrum zum Ergebnis gekommen, dass eine 5. Neckarquerung an dieser Stelle, wenn überhaupt, nur dann möglich wäre, wenn die naturschutzrelevanten Beeinträchtigungen unvermeidbar seien und keine Alternative dazu bestünde.[16] Damit war klar, dass eine 5.Neckarquerung juristisch nicht möglich ist, da neben verschiedenen Straßenbauten als Alternative mindestens 20 umweltfreundliche Maßnahmen (Mobilitätspaket) als Alternative vorhanden und bisher nicht umgesetzt sind. Trotzdem gaben sich Teile des Gemeinderats mit dem Ergebnis dieses Gutachtens nicht zufrieden und verlangten eine extra Umweltverträglichkeitsuntersuchung.  

Im Dezember 2004 wurde der Zwischenbericht der Umweltverträglichkeitsuntersuchung im Gemeinderat vorgestellt. Der Zwischenbericht enthält neben einer Aufarbeitung der gesetzlichen Situation eine Beschreibung des genauen Ablaufs der Untersuchung und erste Ergebnisse über die ökologische Wertigkeit der untersuchten Gebiete. Im Rahmen der Alternativen zur 5. Neckarquerung wird auch die ökologische Wertigkeit des Handschuhsheimer Feldes untersucht. Interessant sind die ersten Ergebnisse, die im Zwischenbericht zu diesem Thema enthalten sind. Der Zwischenbericht der Umweltverträglichkeitsuntersuchung[17] führt auf Seite 18 aus:

Erste Ergebnisse:

a) Zur Erlebnis- und Erholungsfunktion des Handschuhsheimer Feldes

Besonderheiten des Handschuhsheimer Feldes:

bullet Kulturlandschaft mit hohem Erlebniswert (Vielfalt der Nutzungen, Eigenart)
bullet Ruhe, Ungestörtheit, frische Luft: ‚Rückzugsraum’ für Menschen
bullet Die stark ausgeprägte  ‚Eigenart’ (der Charakter) des Gebietes wird durch die klein strukturierte gartenbauliche Nutzung bestimmt
bullet Das Gartenland bietet dem Heidelberger Bürger die Möglichkeit, die Herkunft seiner - regional vermarkteten - Nahrung kennen zu lernen (durch Besichtigung der Anbauflächen, Beobachtung des Wachstums und der Ernte, Kauf vom Erzeuger)
bullet Differenzierung des Landschaftsbildes: Teile als intensives Gartenland mit kleinteiliger Vielfalt der Gartenparzellen und Obstkulturen, andere Teile - eher nördlich des Allmendpfades - weisen eher den Charakter einer offenen Landschaft auf
bullet In der Ebene einziges ‚Relikt’ einer zusammenhängenden Erholungslandschaft, die dicht besiedelten Wohnbereichen unmittelbar zugeordnet ist
bullet Hohe Besucherfrequenz (besonders auf den Ost-West-Verbindungen: Allmendpfad, Mittelfeldweg, westliche Verlängerung des Angelweges)

Ergebnisse einer Zählung von Erholungssuchenden (zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit Inline-Skates) unterwegs auf dem (von Variante 2 betroffenen) Allmendpfad im Handschuhsheimer Feld, bei schönem Wetter:

am 23.2.03 (Sonntag): 3.050 Menschen pro Tag

am 9.3.03 (Sonntag): 4.800 Menschen pro Tag 

Zusammenfassend ist festzuhalten: Das Handschuhsheimer Feld gehört zum Wohnumfeld der Stadtteile Handschuhsheim, Neuenheim und der Gemeinde Dossenheim. Besonders hervorzuheben ist, dass dieser Bereich in der Neckarebene das größte zusammenhängende (nicht von verkehrsreichen Straßen durchschnittene) Erholungsgebiet in unmittelbarer Stadtnähe darstellt. Dieses Naherholungsgebiet ist wegen seiner guten Erreichbarkeit und seiner hohen Erlebnisqualität von besonderer Bedeutung für Spaziergänger, Jogger, Radfahrer, Skater und andere Erholungssuchende.“ 

Zwischenzeitlich liegen auch die Ergebnisse einer Befragung über die Herkunft der Erholungssuchenden vor (siehe Grafik „Herkunft der Erholungssuchenden im Handschuhsheimer Feld“). Nur knapp ein Drittel der Menschen kommt aus dem Stadtteil Handschuhsheim, 20% aus Neuenheim und weitere 23% aus anderen Stadtteilen Heidelbergs. Der Rest kommt aus Ladenburg und anderen Umlandgemeinden. Das Handschuhsheimer Feld ist also nicht nur für Handschuhsheim als Naherholungsraum wichtig, sondern für die gesamte Stadt Heidelberg und für umliegende Gemeinden.

 

Bemerkenswert ist außerdem die im Zwischenbericht der UVU als Zwischenergebnis dargestellte große Zahl von Rote-Liste-Arten, die im Alt-Neckar-Gebiet und im Handschuhsheimer Feld vorkommen und nach der Bundesartenschutz-Verordnung und dem Anhang zur Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie geschützt sind.  

Etwas anders nahm die CDU-Spitze im Gemeinderat, die auch schon zuvor dem Rechtsgutachten der Professoren Beyerlin und Wolfrum keine gravierenden Argumente gegen eine Neckarbrücke durch das Naturschutzgebiet entnehmen konnte, das Ergebnis des Zwischenberichtes der UVU wahr: In einem Pressegespräch im Dezember 2004 erklärte CDU-Fraktionschef Jan Gradel, zitiert nach der RNZ: „Entgegen allen Unkenrufen sieht es für die Neckarquerung danach gar nicht so schlecht aus“, so ein fast euphorischer Jan Gradel: „Ich sehe schon den ersten Pfeiler.“[18] Das endgültige Ergebnis der Umweltverträglichkeitsuntersuchung wird im Sommer oder Herbst 2005 vorliegen.  

4.2      Neue Verkehrsberechnungen 

Im Rahmen der UVU über die 5. Neckarbrücke wurden auch die Verkehrsberechnungen aktualisiert.[19] Die Ergebnisse bestätigen im Wesentlichen die bereits vor 12 Jahren durch Prof. Dr. Wermuth und vor 4 Jahren durch die Gutachter-Firma PTV durchgeführten Berechnungen. Nach den von der Universität erhobenen und den Berechnungen zugrunde gelegten Daten werden im Neuenheimer Feld bis zum Jahr 2015 die Beschäftigten um 33%, die Studenten um 35 % und die Patienten um 49 % zunehmen. Dadurch wird die Zahl der täglichen Fahrten um 32 % (von heute 75 000 auf knapp 100 000) anwachsen. Die Zahl der PKW-Fahrten ins Neuenheimer Feld wird sich dagegen praktisch nicht mehr erhöhen, weil die Zahl der Parkplätze nicht vergrößert wird. Dies bedeutet, dass der zu erwartende erhebliche Zuwachs der täglichen Fahrten nur durch einen Ausbau eines leistungsfähigen Öffentlichen Verkehrs bewältigt werden kann. Auch in Bezug auf die einzelnen Planfälle wurden die früheren Berechnungen bestätigt. Zum ersten Mal gerechnet wurde eine 5. Neckarbrücke in Höhe des Wehrstegs. Diese hätte auf der Ernst-Walz-Brücke und in Bergheim eine Entlastung um 14 %, auf der B 3 in Handschuhsheim jedoch nur um 2 % zur Folge.  

Der Bau einer neuen Straße hat neben der gewollten Wirkung einer besseren Anbindung oft auch andere Folgen, die berücksichtigt werden müssen und sogar wichtiger sein können als die primäre Wirkung. Neue Straßen bewirken allgemein eine Zunahme des Autoverkehrs. Ein Beispiel ist der Kleine Nordzubringer, der z.B. auf der Strecke Rottmannstraße den PKW-Verkehr um 7 % erhöhen würde. Bei einer zusätzlichen Neckarbrücke würde sich der einströmende Autoverkehr auf den Nordwestbereich des Campus konzentrieren. Dieser Bereich ist anders als der mit großen Parkplätzen an der Berliner Straße erschlossene heutige Einfahrtsbereich ökologisch sehr sensibel. Hier werden in Zukunft die neuen Kliniken stehen. Dies bedeutet, dass durch eine neue Neckarbrücke der Autoverkehr gerade im sensibelsten Bereich des Neuenheimer Feldes drastisch zunehmen wird, nach den Ergebnissen der neuen Planfallberechnungen um 91 % ! Da gleichzeitig durch den Bau einer zusätzlichen Straßenverbindung der Autoverkehr insgesamt anwachsen wird, wird sich das Stellplatz-Problem auf dem Campus erheblich verschärfen. Der dadurch entstehende Parksuchverkehr ist in den Zahlen der Planfallberechnungen noch nicht enthalten.  

Ein teurer Straßenneubau hat aber auch eine andere direkte Folge. Die Alternative zu einer zusätzlichen Straßenanbindung des Uni-Campus besteht im Bau einer Schienenanbindung, die im Falle einer Ringlinie zwei neue leistungsfähige Zufahrten zum Uni-Campus zusätzlich zu den heutigen drei schaffen würde. Da die Finanzmittel der öffentlichen Hand sehr begrenzt sind, stehen beide Projekte in einer finanziellen Konkurrenz. Der Bau einer neuen Straßenanbindung würde deshalb Finanzmittel binden, die für eine dringend notwendige Schienenanbindung nicht mehr zur Verfügung stünden. Da jedoch nach den Planfall-Berechnungen der zukünftige Verkehrszuwachs im Neuenheimer Feld nicht mehr durch Straßen, sondern nur durch leistungsfähige öffentliche Verkehrsmittel aufgefangen werden kann, würde ein weiteres Hinauszögern einer Schienenanbindung das zukünftige Chaos im Uni-Campus programmieren. 

Diese Zusammenhänge werden sich in den nächsten Jahren zu einem gravierenden ökonomischen Problem entwickeln. Die Investitionsraten öffentlicher Haushalte werden in Zukunft weiter zurückgehen, sie reichen bereits heute nicht mehr aus, um die nötige Substanzerhaltung durchzuführen. Dadurch verzögert sich z.B. bereits seit Jahren die dringend notwendige Grundsanierung der B3 zwischen Mönchhofplatz und Hans-Thoma-Platz und Franz-Knauf-Platz und Rohrbach-Markt. Das Land Baden-Württemberg hat die im Rahmen des GVFG[20] zur Verfügung gestellten Zuschussmittel von 85 auf 75 % reduziert und die absolute Höhe der Finanzmittel drastisch eingeschränkt. Da gleichzeitig der Erhaltungsaufwand der zahlreichen in den 60er und 70er Jahren gebauten Straßen in Zukunft ansteigen wird, wird in Zukunft ein immer größer werdendes Loch nicht mehr finanzierbarer Erhaltungsaufwendungen entstehen. Dadurch wird der Finanzspielraum für Neuinvestitionen drastisch abnehmen.

Die Verlagerung von Kliniken und damit von Beschäftigten, Patienten und Besuchern in das NHF war seit Jahrzehnten geplant. Es war spätestens durch die Planfallberechnungen von Prof. Wermuth Anfang der 90er Jahre klar, dass der dadurch zu erwartende Zuwachs nur durch den Ausbau eines leistungsfähigen Verkehrsmittels wie der Straßenbahn bewältigt werden kann. Diese Erkenntnisse mündeten in den Verkehrsentwicklungsplan, der im Jahr 1994 vom Gemeinderat beschlossen, aber bis heute in seinen wesentlichen Teilen nicht umgesetzt wurde. Die Leistungsfähigkeitsprobleme bei der verkehrlichen Erschließung des Neuenheimer Feldes wurden in der Vergangenheit von Teilen des Gemeinderats und der Universitätsspitze nicht realistisch eingeschätzt. Dies hatte zur Folge, dass der Schwerpunkt der Planungszeit und der Geldmittel in Projekte wie eine zusätzliche Neckarquerung investiert wurde, die das Problem quantitativ nicht lösen können. Im Gegensatz dazu wurde der Aufbau einer leistungsfähigen Schienenverbindung vernachlässigt. Heute wird es wesentlich schwieriger sein, eine neue Straßenbahnanbindung des Neuenheimer Feldes zu finanzieren als es noch vor einem Jahrzehnt möglich gewesen wäre.  

4.3      Hoher Subventionsbedarf für den Autoverkehr  

Am 24.Februar 2005 wurden dem Gemeinderat die Ergebnisse einer interessanten Studie der ICLEI (International Council for Local Environmental Iniciatives) vorgestellt, die in den letzten Jahren im Rahmen eines Forschungsprogramms die Kostenbilanz des Autoverkehrs in mehreren Städten, darunter in Heidelberg, untersucht hatte.[21] Danach stehen für die Stadt Heidelberg im Jahr 2004 Einnahmen für den Autoverkehr in Höhe von 13,1 Millionen Euro städtische Ausgaben in Höhe von 30,6 Millionen Euro gegenüber, unter dem Strich also ein Defizit von 17,5 Millionen Euro. Dies bedeutet, dass jeder Heidelberger Bürger vom Säugling bis zum Greis den Autoverkehr jährlich mit 123 Euro bezuschusst, umgerechnet auf die in Heidelberg zugelassenen Fahrzeuge wird jedes Kraftfahrzeug jährlich mit 250 Euro subventioniert. In diesen Zahlen noch nicht enthalten sind die so genannten externen Kosten, die durch Abgase, Unfälle, Lärm, Flächenverbrauch und andere Umweltbelastungen des Kraftfahrzeugverkehrs z.B. in Form von Krankheitskosten oder Wertminderungen entstehen und von einzelnen Menschen und der Allgemeinheit getragen werden. Verschiedene andere Untersuchungen zeigen, dass diese externen Kosten bei einem Vielfachen der direkten Kosten liegen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind insofern bemerkenswert, als für unsere Stadt zum ersten Mal untersucht wurde, wie hoch der Autoverkehr durch städtische Ausgaben im Haushalt Jahr für Jahr bezuschusst wird. Eine Ausweitung des Autoverkehrs z.B. durch weiteren Straßenbau würde diesen Subventionsbedarf insbesondere bei teueren Straßenbauten oder Straßen in sensiblen Räumen weiter erhöhen.  

5        „Der Alt-Neckar steht unter Naturschutz, das Handschuhsheimer Feld unter Bürgerschutz“

5.1      Befragung der Gemeinderatskandidaten 

Auch der Stadtteilverein Handschuhsheim e.V. war in den letzten beiden Jahren in Sachen Handschuhsheimer Feld nicht untätig. Da klar war, dass die im Juni 2004 anstehende Gemeinderatswahl eine wichtige Weichenstellung für die nächsten 5 Jahre bringen wird, führte der Stadtteilverein im Vorfeld eine genaue schriftliche Befragung der 240 Kandidatinnen und Kandidaten der einzelnen Parteien und Wählergemeinschaften durch. Dabei erhielten alle Kandidaten mit einem persönlichen Anschreiben einen Fragebogen mit 7 Fragen zu möglichen Straßenbauten (von einer neuen Neckarbrücke über einen Nord-Zubringer bis zum Radieseltunnel) und 9 Fragen zu dem Mobilitätspaket. Die eingehenden Antworten waren sehr aufschlussreich. Da die Antworten sowohl nach Parteien zusammengefasst als auch für die einzelnen Kandidaten detailliert dargestellt wurden, waren sie eine gute Hilfe beim Kumulieren und Panaschieren bei der Wahl.[22] 

Die Analyse der Ergebnisse nach der Gemeinderatswahl ergab erfreuliche Einzelheiten: Während die Wahlbeteiligung in Heidelberg insgesamt im Vergleich zur letzten Gemeinderatswahl 1999 nur um 2,1 % zunahm, nahm sie in Handschuhsheim um 4,6 % zu. Die Wahlbeteiligung in Handschuhsheim, dem bevölkerungsreichsten Stadtteil Heidelbergs, lag bei der Gemeinderatswahl 2004 um 10 % höher als im Durchschnitt Heidelbergs. Zusätzlich wurden die Wahlzettel in Handschuhsheim anscheinend mit besonderer Sorgfalt ausgefüllt: der Anteil ungültiger und nicht ausgeschöpfter Stimmen lag in Handschuhsheim um 12,7 % niedriger. Die Grafik „Gemeinderatswahl 2004 - gültige Stimmen“ zeigt die Herkunft der gültigen Stimmen aus den verschiedenen Stadtteilen.

  

Von den vor der Wahl befragten 240 Gemeinderatskandidaten hatten dem Stadtteilverein genau 40% geantwortet. Erfreulich war, dass im neuen Gemeinderat der Prozentsatz derjenigen, die geantwortet hatten, mit 65 % deutlich höher liegt. Und diejenigen, die gewählt wurden, lehnen mit einer guten Mehrheit von mindestens 21-26 Gemeinderäten (von 40) Straßen durch das Handschuhsheimer Feld ab. Auch beim Mobilitätspaket besteht eine gute Mehrheit von mindestens 22 bzw. 23 Gemeinderäten, die sich für die Umsetzung des Mobilitätspakets einsetzen wollen.  

5.2      Gemeinsame Veranstaltung 

Um die Notwendigkeit des Schutzes des Handschuhsheimer Feldes vor der Gemeinderatswahl deutlich zu machen, veranstaltete der Stadtteilverein Handschuhsheim am 14. Mai 2004 e.V. in Zusammenarbeit mit der IGH-Interessengemeinschaft Handschuhsheim e.V., der Gärtnervereinigung Heidelberg-Handschuhsheim e.V., dem Obst- und Gartenbauverein e.V. Handschuhsheim und der Zukunftswerkstatt Handschuhsheim eine große Informationsveranstaltung mit dem Thema „Schutz des Handschuhsheimer Feldes und Verkehrserschließung des UNI-Campus - kein Gegensatz! - Wie wird der neue Gemeinderat entscheiden ?“ im Carl-Rottmann-Saal. Auf dieser Veranstaltung brachten alle durchführenden Organisationen und eine große Zahl Handschuhsheimer Bürgerinnen und Bürger ihre Ablehnung einer Straße durch das Handschuhsheimer Feld zum Ausdruck. Ein Novum war, dass bei dieser Veranstaltung zum ersten Mal nach rund 20 Jahren wieder zwei Organisationen gut zusammenarbeiteten, die sich in den 80er Jahren bei den Diskussionen um den damals geplanten Abriss des Schlösschens und des geplanten Neubaus des Carl-Rottmann-Saals mit einer Tiefgarage unter dem Graham-Park entzweit hatten. Mit dieser gemeinsamen Veranstaltung demonstrierten der Stadtteilverein Handschuhsheim unter Martin Hornig und die Interessengemeinschaft Handschuhsheim unter Wilhelm Seeger-Kelbe, dass die Differenzen beigelegt sind und man nun gemeinsam gegen die Bedrohung des Handschuhsheimer Feldes durch eine unzureichende Verkehrsplanung zusammenstehen wird.  

Vor dem Carl-Rottmann-Saal hatten die Gärtner einen Stand aufgebaut, in dem der Kontrast zwischen Straßenbau und Gartenbau in Form von Asphaltbrocken und frischem Gemüse plastisch dargestellt wurde. Zu Beginn der Veranstaltung stellte Robert Bechtel, Leiter des Stadtplanungsamtes Mannheim, in einem interessanten Vortrag die verschiedenen Möglichkeiten zur Anbindung des Universitäts-Campus dar. Dabei wurde deutlich, dass die von Teilen des Gemeinderats favorisierten großen Straßenbaumaßnahmen wie die Neckarbrücke durch das Naturschutzgebiet oder ein kleiner Nordzubringer verkehrlich viel weniger bringen als von vielen gedacht. Ein kleiner Nordzubringer würde den Verkehr auf der Dossenheimer Landstraße nur um 5,8% verringern, eine fünfte Neckarquerung würde bei einem Ausbau des Klausenpfads in Handschuhsheim sogar mehr Verkehr bewirken. Als Alternative zu diesen teuren und für unsere Umwelt schädlichen Baumaßnahmen beschrieb Robert Bechtel ausführlich das Mobilitätspaket aus Job-Ticket, Parkraum-Bewirtschaftung, Straßenbahn-Anbindungen des Neuenheimer Feldes und zahlreichen weiteren kleinen und preiswerten Maßnahmen, deren verkehrlicher Entlastungseffekt in Handschuhsheim 8-mal höher wäre als der eines kleinen Nord-Zubringers. Danach begründeten Martin Hornig für den Stadtteilverein, Wilhelm Seeger-Kelbe für die IGH, Hans Hornig für die Gärtnervereinigung und Frank Wetzel für den Obst- und Gartenbauverein die Ablehnung ihrer Organisationen gegen jeden weiteren Straßenbau im Handschuhsheimer Feld.

Stadtplaner Robert Bechtel bei seinem interessanten Vortrag auf der Veranstaltung am 14.5.2004 im vollbesetzten Carl-Rottmann-Saal 

Die Ergebnisse der Befragung der Kandidaten zur Kommunalwahl wurden von Dieter Teufel auf der Veranstaltung vorgestellt. Danach finden die Maßnahmen des Mobilitätspakets unter den Kandidaten, die geantwortet haben, eine breite Zustimmung. Lediglich die CDU und die FDP lehnen einige wichtige Maßnahmen ab. Bei den verschiedenen Varianten von Straßenbaumaßnahmen ist das Bild uneinheitlich. Eine fünfte Neckarbrücke durch das Naturschutzgebiet wird von der CDU und den „Heidelbergern“ favorisiert, ein kleiner Nord-Zubringer nur von den Freien Wählern. Ein großer Nord-Zubringer wird von allen abgelehnt, allerdings behält sich die FDP eine Entscheidung vor.[23]  

Besonders bemerkenswert ist, dass bei der Befragung alle Gemeinderäte der SPD mit ihrer Unterschrift bekräftigten, dass sie bei einer eventuellen Abstimmung im Gemeinderat über einen kleinen Nord-Zubringer gegen diesen stimmen werden. Das ist anerkennenswert, da der Vorschlag eines kleinen Nord-Zubringers von Frau Oberbürgermeisterin Weber ins Gespräch gebracht wurde, die derselben Partei angehört. Auch bei der CDU haben sich die sechs Handschuhsheimer Kandidaten, darunter die CDU-Gemeinderäte Margret Dotter, Klaus Pflüger und der neu gewählte Gemeinderat Prof. Dr. Hans-Günther Sonntag mit einem Handschuhsheimer CDU-Programm, das an alle Handschuhsheimer Haushalte verteilt wurde, gegen einen Autobahn-Zubringer durch das Handschuhsheimer Feld festgelegt. Bei der Grün-Alternativen Liste (GAL) erklärten alle 35 antwortenden Kandidaten, dass sie im Falle einer Wahl in den Gemeinderat bei einer Abstimmung gegen einen kleinen Nord-Zubringer stimmen werden. 

In der anschließenden Diskussion artikulierte sich auch aus dem Publikum eine breite Ablehnung gegen die Pläne, das Handschuhsheimer Feld durch eine Straße zu zerschneiden. Der dienstälteste Heidelberger Gemeinderat Heinz Reutlinger, CDU, sprach sich in bewegenden Worten vehement gegen jede Art eines Nordzubringers aus. Schon 1967 habe er sich, damals noch zusammen mit dem früheren Stadtteilvereinsvorsitzenden Willi Kücherer dafür eingesetzt, das Feld zu schützen und zu erhalten. Wolfgang Lachenauer, der als Vertreter der Wählervereinigung „Die Heidelberger“ auf dem Podium saß, trug die Hoffnung vor, durch einen unterirdischen Radieseltunnel quer durchs Handschuhsheimer Feld die Probleme zu lösen. Die „Heidelberger“ konnten es bei der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes 2001 zunächst auch durchsetzen, dass die fünfte Neckarquerung nur als Tunnel und ohne Ausbau des Klausenpfads beschlossen wurde. Dieser Beschluss hielt allerdings nur weniger als ein Jahr, seither wird aus Kostengründen die fünfte Neckarquerung als Brücke und mit einem Ausbau des Klausenpfads geplant. Auf dem Podium erklärte Wolfgang Lachenauer verbindlich, dass es mit ihm keine oberirdische Straße durch das Feld geben werde. Für die Freie Wählervereinigung (FWV) saß Hermann Gundel auf dem Podium. Die FWV, die bei der Gemeinderatssitzung im April 2003 noch für einen kleinen Nord-Zubringer plädiert hatte, hatte zwischenzeitlich die Idee einer Hängebahn von der S-Bahn im Hauptbahnhof über den Neckar am Wehrsteg vorbei in den Universitäts-Campus. Am Ende der Veranstaltung sprach sich Hermann Gundel im Resümee sowohl gegen einen Radiesel-Tunnel als auch gegen einen kleinen oder großen Nord-Zubringer durchs Handschuhsheimer Feld aus. Die Freien Wähler sind für die Verwirklichung des Mobilitätspakets, wobei auch eine Hängebahn geprüft werden soll. 

Auf Ablehnung stieß sowohl der Radiesel-Tunnel wie auch der Nord-Zubringer auch bei Klaus Pflüger, der für die CDU auf dem Podium saß. Während Werner Brahnts, Fraktionsvorsitzender der SPD im Gemeinderat, sich klar für den Schutz des Handschuhsheimer Feldes aussprach, wollte Uwe Morgenstern von der FDP noch abwarten und erst später entscheiden. Irmtraut Spinnler rief in Erinnerung, dass die GAL schon immer sowohl gegen eine neue Neckarbrücke als auch gegen Straßen durchs Handschuhsheimer Feld eingetreten sei. Das Mobilitätspaket, das in seinen wichtigsten Teilen schon 1994 beschlossen worden war, müsse jetzt endlich umgesetzt werden.  

Auch nach der Gemeinderatswahl tat sich Berichtenswertes: Im Dezember 2004 trat der langjährige CDU-Gemeinderat Klaus Pflüger, der bei der Gemeinderatswahl 2004 die viertmeisten Stimmen von allen CDU-Kandidaten erhalten hatte, aus der CDU-Fraktion aus und wechselte zu den Freien Wählern.[24] Seine Kollegen von der CDU-Fraktion griffen ihn daraufhin in einem Offenen Brief an, u.a. mit dem Argument, er sei zu einer Wählerinitiative gewechselt, die „für einen Nord-Zubringer durch das Handschuhsheimer Feld ist“.[25] Die FWV stützte in der Tat im Jahr 2003 die Vereinbarung zwischen OB Weber und Universitätsrektor, die u.a. einen kleinen Nord-Zubringer mitten durch das Handschuhsheimer Feld vorsah. Bereits auf der Veranstaltung des Stadtteilvereins am 14.5.2004 war jedoch Hermann Gundel von den Plänen eines Nord-Zubringers durch das Handschuhsheimer Feld abgerückt. Dies wurde in der Antwort der Freien Wählervereinigung am 9. Dezember 2004 noch einmal in der RNZ bekräftigt. Darin heißt es: „Richtigstellen müsse man jedoch Äußerungen der CDU, die die RNZ veröffentlichte. Die Behauptung, die FWV habe für eine Straßenbahn nach Kirchheim gestimmt, sei korrekt; dem Bau einer 5. Neckarquerung könne die FWV jedoch nur zustimmen, wenn es keine zumutbare Alternative gäbe; diese gäbe es jedoch. Den ‚kleinen Nord-Zubringer’ durch das Handschuhsheimer Feld stufe die FWV zwischenzeitlich als nicht gewünscht und nicht realisierbar ein, ‚damit entfällt der Konfliktpunk’“.[26] Damit haben die Freien Wähler, die jetzt in Fraktionsstärke im Gemeinderat vertreten sind, eine bemerkenswerte Lernfähigkeit bewiesen, die bei Politikern in unserer heutigen Zeit selten ist.  

5.3      Neue Nordzubringer-Variante 

Die Zahl der Funktionsträger, bei denen die Meinung vorherrscht, die Probleme seien am besten durch einen zusätzlichen Straßenbau zu lösen, nahm in den letzten beiden Jahren deutlich ab. Trotzdem schlug CDU-Gemeinderat Prof. Dr. Hans-Günther Sonntag am Ende des Jahres 2004 im Stadtblatt in einem Beitrag der CDU-Fraktion eine neue Variante eines Nordzubringers durch das Handschuhsheimer Feld vor: "Ich könnte mir aber vorstellen, dass mit einem Lösungsvorschlag, der in der gradlinigen Verlängerung der Tiergartenstraße zur Autobahnbrücke eine Verbindung zur Autobahnauffahrt Dossenheim herstellt, – für das Teilstück Kläranlage müsste eine gesonderte Lösung erarbeitet werden – der geringfügigste Einschnitt in das Handschuhsheimer Feld möglich wäre. Mit einer solchen Lösung wäre zudem eine deutliche Verkehrsentlastung auf der B 3 verbunden, was den Handschuhsheimern wiederum zugute käme." 

Wie ist diese Variante zu bewerten ? Die Hauptverkehrsströme in das Neuenheimer Feld kommen aus dem Süden und Südwesten. Für diese Verkehrsströme brächte die Fahrt über einen Nordzubringer eine Fahrtverlängerung um 4 bis 12 km, pro Tag also 8 bis 24 km mehr oder pro Fahrzeug jährlich 2000 bis 6000 km mehr. Das wäre nicht nur eine langfristige Verschwendung von Ressourcen, es wäre auch wenig attraktiv. Herr Prof. Sonntag zeigt mit seiner Aussage, "mit einer solchen Lösung wäre eine deutliche Verkehrsentlastung auf der B 3 verbunden", dass er als neu gewählter Gemeinderat die vorliegenden Untersuchungen zu diesem Thema noch nicht kennt. Die ptv-Verkehrsuntersuchungen [27] [28] ergaben, dass der ursprünglich geplante "Kleine Nordzubringer" den Verkehr auf der B3 in Handschuhsheim gerade um 5,8% und auf der Ernst-Walz-Brücke nur um 3,7% reduzieren würde. Im Gegensatz zu dem "Kleinen Nordzubringer" wäre die Entlastungswirkung eines geradlinigen Nordzubringers westlich der Dossenheimer Umgehungsstraße noch geringer, da er kaum Verkehr von der B3 aus Schriesheim, Dossenheim etc. aufnehmen würde. Die Berechnungen ergeben eine nicht spürbare "Entlastungswirkung" für die B3 in Handschuhsheim von unter 3,5% ! Die "Entlastungswirkung" für die Ernst-Walz-Brücke läge bei nur 3,7%. Im Vergleich dazu nahm der Verkehr auf der B3 in Handschuhsheim z.B. allein durch die Taktverdoppelung der OEG um 12,9% ab.  

Das größere Problem liegt aber in der Unpraktikabilität dieses Vorschlags: Sollte der Gemeinderat diese Variante als "Lösung" favorisieren, wäre eine problematische Entwicklung vorgezeichnet:

Zunächst würde die technische Untersuchung ergeben, dass die nach dem Vorschlag nötige Überbrückung der Kläranlage sehr teuer wäre. Eine Verschwenkung nach Osten würde diese Kosten sparen. Damit läge der Nordzubringer aber (genauso wie unmittelbar westlich der Kläranlage) in einem für die Naherholung äußerst sensiblen Bereich des Handschuhsheimer Felds. Die nächste, wesentlich größere Hürde für diese Variante ist die Tatsache, dass sie auf Dossenheimer Gemarkung auf einer Länge von 1200 m neu gebaut werden müsste und die Neubaustrecke außerdem 500 m länger wäre als beim "Kleinen Nordzubringer". Es ist nicht anzunehmen, dass die Gemeinde Dossenheim Gelände für eine neue Straße zur Verfügung stellt, die in geringem Abstand parallel zu der bestehenden Umgehungsstraße verläuft und die ihr keine Entlastung bringen würde. Falls Dossenheim aus verständlichen Gründen diesem Neubau nicht zustimmt (und z.B. keinen Bebauungsplan beschließt, mit dem Dossenheimer Grundstücksbesitzer enteignet werden könnten), würde die Straße noch ein Stück weiter nach Osten wandern und läge dann wieder genau auf der ursprünglich für den "Kleinen Nordzubringer" vorgesehenen Trasse mitten durch das Handschuhsheimer Feld.  

6        Ausblick 

Besser als neue Trassen für Straßen durch das Handschuhsheimer Feld zu erfinden wäre, endlich mit vereinten Kräften daran zu gehen, die rund 20 Maßnahmen des Mobilitätspakets umzusetzen, mit denen das Neuenheimer Feld besser erschlossen werden kann.  

Wir stehen heute vor dem Problem, dass in der Vergangenheit vor allem darüber gestritten wurde, welches von mehreren Großprojekten zur Anbindung des Neuenheimer Feldes gebaut wird. Alle diese Großprojekte, über die diskutiert wird, haben gemeinsam, dass sie viel Geld kosten, wenig bewirken, wenn überhaupt nur langfristig zu verwirklichen sind und gravierende Eingriffe in Natur und Landschaft zur Folge hätten.  

Der Streit über das Für und Wider der Großprojekte verstellt heute allzu leicht den Blick für die Möglichkeiten des realistisch Machbaren. Es sollte deshalb jetzt endlich daran gegangen werden, mit erster Priorität all das zu realisieren, was schon vor über einem Jahrzehnt beschlossen, aber bisher nicht umgesetzt wurde: Eine Schienen-Anbindung des Neuenheimer Felds von Süden und von Norden, ein preiswertes Job-Ticket für die Beschäftigten, eine Bewirtschaftung der vielen Stellplätze, eine bessere Straßenbahnanbindung vom Norden in die Berliner Straße, die Anpassung der Stellplatzverpflichtung an die ÖPNV-Anbindung des Campus, die Beschleunigung des Öffentlichen Verkehrs, eine schnelle Schienenstrecke entlang der Bergstraße, die Schaffung einer sicheren Fahrradverbindung in die Stadt u.a. Diese Maßnahmen sind verkehrlich hocheffektiv, sie erfordern keine allzu hohen Investitionen, bringen für die ganze Stadt positive Entlastungswirkungen und erhalten unseren Natur- und Erholungsraum.

[1]   Teufel, Dieter; Bauer, Petra; Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Hauptstraßen in Handschuhsheim, Jahrbuch Handschuhsheim 2003; S.95-108

[2]   Teufel, Dieter; Bauer, Petra; Handschuhsheim wehrt sich erfolgreich gegen den Autobahnzubringer-Nord, Jahrbuch Handschuhsheim, 2003, S.110-111

[3]   Pressemitteilung, Eine weitere Verkehrsanbindung an das Neuenheimer Feld ist für die Krankenversorgung erforderlich, Rektorat der Universität Heidelberg, 3.April 2003

[4]   Universität Heidelberg, Konzept für die Verkehrserschließung des Universitätsgebietes im Neuenheimer Feld, Kapitel Parkflächen, Universitätsbauamt Heidelberg, März 2002.

[5]   § 37 und § 74 Abs. 2 Nr. 2 Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO) vom 8. August 1995 und Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg über die Herstellung notwendiger Stellplätze (VwV Stellplätze), 16. April 1996 (GABl. S. 289), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 4. August 2003 (GABl. S. 590)

[6]   Als Beispiel ein Leserbrief einer Beschäftigten der Uni gegen die Parkraumbewirtschaftung am 17.2.05 in der RNZ: „Alle Mitarbeiter des Neuenheimer Felds auf den Umstieg des ÖPNV zu bewegen, dürfte sicherlich mit großen Problemen verbunden sein…“

[7]   Dies gilt nicht in jedem Fall. Durch Ausbau des Klausenpfads im Zuge einer 5. Neckarbrücke z.B. würden sich die Stauprobleme in Handschuhsheim verschärfen.

[8]   Protokoll der Sitzung der Bezirksbeiräte Neuenheim und Handschuhsheim 23.11.2004

[9]   Protokoll der Sitzung des Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschusses 26.10.2004

[10] Dr. Frankenberg, Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Schreiben vom 11. Januar 2005 Nr. 32-371.001/18, Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten W. Pfisterer

[11] „Parkraumbewirtschaftung ist vom Tisch, Finanzausschuss lehnt die Pläne für Neuenheimer Feld ab - MdL Werner Pfisterer ‚Sieg der Vernunft’ “, Rhein-Neckar-Zeitung, 26.2.1998

[12] Universitätsrektor Prof. Dr. Hommelhof, Vortrag auf der Veranstaltung des Stadtteilvereins Wieblingen,11.5.2004

[13] Schreiben der Universität Heidelberg an alle Beschäftigten, 25.11.2004

[14] Kleine Anfrage des Abgeordneten Werner Pfisterer, CDU, und Antwort des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 13/3906, 15.12.2004

[15] „Für 23 Euro ohne Stau ins Neuenheimer Feld ?“ Rhein-Neckar-Zeitung, 15./16. Januar 2005

[16] Prof. Dr. Ulrich Beyerlin und Prof. Dr. Rüdiger Wolfrum, Naturschutzrechliches Gutachten zum Projekt der 5.Neckarquerung, Max Planck-Institut für ausländisches, öffentliches Recht und Völkerrecht, 20.1.2003

[17] Umweltverträglichkeitsuntersuchung 5. Neckarquerung, hier: Zwischenbericht, Drucksache: 0141/2004/IV, Heidelberg, den 26.11.2004

[18] „Ich sehe bereits den ersten Pfeiler“, Optimistischer CDU-Fraktionschef Jan Gradel: „Neckar-Querung wird kommen“, Rhein-Neckar-Zeitung, 14. Dezember 2004, Seite 5

[19] Dipl.-Ing. Florian Amme, WVI Prof.Dr.Wermuth, Verkehrsforschung und Infra-Strukturplanung GmbH, Verkehrliche Begleituntersuchung zur UVU 5. Neckarquerung, 2.Zwischenbericht: Ergebnisse der Verkehrsprognose Neuenheimer Feld, März 2005

[20] GVFG - Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

[21] Gemeinderat am 24.2.2005: Stadt Heidelberg, Dezernat II, Stadtplanungsamt, Studie von ICLEI zu Einnahmen und Ausgaben aus dem motorisierten Individualverkehr in Kommunen, Drucksache 0109/2004/IV

[23] Die genauen Ergebnisse der Befragung können auf der Internetseite des Stadtteilvereins www.tiefburg.de/gemeinderatswahl2004.htm nachgelesen werden.

[24] „’Das muss ich mir nicht länger antun’, Klaus Pflüger verläßt ‚menschlich tief enttäuscht’ die CDU-Fraktion und verhilft der FWV zu Fraktionsstärke“, Rhein-Neckar-Zeitung, 7.Dez.2004.

[25] CDU: Pflüger soll das Mandat zurückgeben, Offener Brief der Stadtratsfraktion, Rhein-Neckar-Zeitung, 8.Dez.2004

[26]  FWV: Konstruktiv mit CDU zusammen arbeiten“, Rhein-Neckar-Zeitung, 9.Dez.2004

[27] PTV-Planung, Transport, Verkehr GmbH, Ergebnisse der Berechnung der Einzelmaßnahmen und der Planfälle 1.1-1.8, 2.1-2.2, März bis Mai 2001

[28] PTV-Planung-Transport-Verkehr-AG, Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes der Stadt Heidelberg, Tischvorlage für den gemeinsamen Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss, Karlsruhe, März 2001

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